Pflichtteil entziehen: Wann ist ein Ausschluss möglich?
Zuletzt aktualisiert:
Ihre Lesezeit:
Pflichtteil entziehen
- Mindestanspruch erhalten: Nicht als Erbe eingesetzt zu sein hebt den gesetzlichen Mindestanspruch am Nachlass nicht automatisch auf. Dieser Anspruch ist ein reiner Geldanspruch und entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils; er bleibt bestehen, solange kein wirksamer, gesetzlich begründeter Ausschluss vorliegt. Beispiel: Bei zwei Kindern beträgt der Anspruch eines Kindes 25 % des Nachlasses.
- Strenge Voraussetzungen: Ein vollständiger Ausschluss des Mindestanspruchs ist nur bei wenigen, in § 2333 BGB abschließend genannten schweren Verfehlungen möglich. Der Ausschluss muss im formgültigen Testament oder Erbvertrag ausdrücklich mit konkreter, überprüfbarer Begründung angegeben sein und der Grund musste bereits bei Errichtung vorgelegen haben. Ohne detaillierte Tatsachenbeschreibung oder bei nachträglicher Verzeihung wird die Maßnahme vor Gericht meist für unwirksam erklärt.
- Alternativen nutzen: Weil ein vollständiger Ausschluss häufig scheitert, sind notarielle Vereinbarungen und lebzeitige Gestaltungen rechtlich sicherere Optionen. Dazu gehören ein notarieller Pflichtteilsverzicht, rechtzeitig angelegte Schenkungen mit Nießbrauch oder Leibrenten sowie gezielte Nachlassstrukturen, die den Anspruch wirtschaftlich reduzieren. Praktisch wirkt etwa eine Schenkung, die mehr als zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgt, häufig nicht mehr ergänzungspflichtig.

Inhaltsverzeichnis
- Enterbung und Pflichtteil entziehen – Unterschied und rechtliche Folgen
- Gesetzliche Gründe und Voraussetzungen eines Pflichtteilsentzugs
- Formale Anforderungen und korrekte Formulierung im Testament
- Verzeihung des Erblassers – Auswirkungen auf den Pflichtteilsentzug
- Alternativen zur Pflichtteilsentziehung – mildere Gestaltungen
- Rechtliche Durchsetzung und gerichtliche Erfolgsaussichten
- Pflichtteilsanspruch wirtschaftlich reduzieren – legale Hebel nutzen

Herbert | HEREDITAS » Erb-Assistent
- Ihr digitaler Assistent für individuelle Fragen und verständliche Informationen. Die KI wertet alle Inhalte der Webseite aus und erklärt komplexe Themen einfach.
- Keine Anmeldung erforderlich.
- Kostenlos im Browser.
Enterbung und Pflichtteil entziehen – Unterschied und rechtliche Folgen
Wer enterbt wird, verliert nicht automatisch seinen Pflichtteilsanspruch. Dieser Mindestanteil am Nachlass bleibt erhalten – es sei denn, er wird ausdrücklich und wirksam entzogen. Nur unter sehr strengen gesetzlichen Voraussetzungen darf ein Erblasser den Pflichtteil ausschließen.
Enterbung: Wer keinen Erbteil bekommt, kann trotzdem Pflichtteil verlangen
Eine Enterbung liegt vor, wenn der Erblasser im Testament eine Person nicht als Erbe einsetzt – obwohl diese Person gesetzlich erbberechtigt wäre. Betroffen sind meist Kinder, Ehegatten oder Eltern. Doch selbst wenn sie nicht als Erben bedacht sind, haben sie Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist als Geldforderung gegen die Erben durchsetzbar. Der Anspruch ist unabhängig vom Bedarf – es genügt die gesetzliche Berechtigung und die Enterbung durch letztwillige Verfügung. Auch bei vollständiger Enterbung wird also ein Teil des Nachlasses verpflichtend an diese Personen ausgezahlt.
Pflichtteil entziehen: Wann ein vollständiger Ausschluss möglich ist
Der Pflichtteil kann nur in wenigen gesetzlich geregelten Fällen vollständig entzogen werden. Grundlage ist § 2333 BGB, der abschließend aufzählt, welche Verfehlungen dies rechtfertigen. Ohne diese Voraussetzungen bleibt der Anspruch bestehen. Der Erblasser muss den Entzug ausdrücklich im Testament oder Erbvertrag anordnen und dabei den genauen Grund angeben. Eine Enterbung ohne solchen Zusatz bewirkt keinen Pflichtteilsverlust. Der Unterschied ist erheblich: Während die Enterbung lediglich den Erbanspruch beendet, kann der Pflichtteilsentzug den gesetzlichen Mindestanspruch komplett beseitigen – wenn alle Anforderungen erfüllt sind.
- Pflichtteilsanspruch trotz Enterbung: Der Pflichtteil bleibt bestehen, wenn kein wirksamer Entzug erfolgt.
- Enterbung ≠ Pflichtteilsentzug: Beide Maßnahmen sind rechtlich getrennt zu betrachten und müssen gezielt geregelt werden.
- Geldanspruch: Der Pflichtteil ist immer in Geld auszuzahlen – nicht als Teil des Erbes in Form von Gegenständen oder Immobilien.
Sie wurden enterbt? Pflichtteilsanspruch ohne finanzielles Risiko geltend machen!*

- Holen Sie sich Ihr Recht: Eine Enterbung ist in Deutschland nahezu unmöglich. Nur bei schweren Straftaten gegen den Erblasser oder einem notariellen Erbverzicht ist eine Enterbung möglich.
- Ohne Kostenrisiko: Mit Erbfinanz als Prozessfinanzierer brauchen Sie keine Angst vor wirtschaftlich stärkeren Erben haben – mein Partner trägt sämtliche Kosten des Rechtsstreits.
- Freie Anwaltswahl: Sie können sich Ihren Anwalt frei aussuchen – vorausgesetzt es ist ein Fachanwalt für Erbrecht. Gerne können Sie Erbfinanz auch nach Empfehlungen fragen.
Gesetzliche Gründe und Voraussetzungen eines Pflichtteilsentzugs
Ein Pflichtteil darf nur entzogen werden, wenn ein gesetzlich anerkannter schwerwiegender Grund vorliegt. Diese Gründe sind in § 2333 BGB abschließend geregelt und gelten nur in besonderen Ausnahmefällen. Zusätzlich müssen mehrere formale Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Entzug wirksam wird.
Anerkannte Entziehungsgründe nach § 2333 BGB
§ 2333 BGB erlaubt einen Pflichtteilsentzug nur bei besonders gravierenden Verfehlungen. Dazu zählt, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser oder einer nahestehenden Person nach dem Leben trachtet – also ein versuchtes Tötungsdelikt begeht. Ebenso möglich ist der Entzug bei einem vorsätzlichen Verbrechen oder schwerem Vergehen gegen den Erblasser oder dessen Angehörige. Auch die böswillige Verletzung einer bestehenden Unterhaltspflicht kann zum Pflichtteilsverlust führen. Schließlich genügt eine rechtskräftige Freiheitsstrafe ab einem Jahr ohne Bewährung – oder eine Unterbringung in einer psychiatrischen oder Entziehungsanstalt –, wenn dem Erblasser dadurch die Beteiligung des Täters am Nachlass unzumutbar ist.
- Versuchter Mord: Nach dem Leben trachten gegenüber dem Erblasser oder nahen Angehörigen.
- Schwere Straftat: Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen gegen den Erblasser oder dessen Familie.
- Unterhaltspflichtverletzung: Böswillige Verweigerung gesetzlicher Unterhaltsleistungen.
- Haft oder Unterbringung: Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung oder Unterbringung in einer psychiatrischen oder Entziehungsanstalt.
Weitere Voraussetzungen und Grenzen des Pflichtteilsentzugs
Ein Entziehungsgrund allein genügt nicht – der Erblasser muss zusätzlich bestimmte Voraussetzungen einhalten. Erstens muss der Pflichtteilsentzug zwingend in einer formgültigen letztwilligen Verfügung erfolgen – also in einem Testament oder Erbvertrag (§ 2336 BGB). Zweitens muss der genannte Entziehungsgrund zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bereits vorgelegen haben. § 2336 Abs. 2 BGB verlangt, dass der im Testament genannte Entziehungsgrund bei Errichtung der Verfügung bereits vorlag. Entsteht der Entziehungsgrund erst später, reicht das alte Testament nicht – der Erblasser muss eine neue Verfügung (Nachtrag/Testament/Erbvertrag) errichten, in der der neue Grund benannt wird. Drittens darf der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten den Entziehungsgrund nicht nachträglich verziehen haben (§ 2337 BGB) – sonst wird der Entzug unwirksam. Im Streitfall prüfen Gerichte streng, ob die gesetzlichen Tatbestände des § 2333 BGB erfüllt sind und ob – insbesondere im Straf- bzw. Unterbringungsfall (§ 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB) – die Teilhabe am Nachlass für den Erblasser unzumutbar war.
| Voraussetzung | Rechtsgrundlage | Besonderheit |
|---|---|---|
| Schwerer Entziehungsgrund | § 2333 BGB | Nur in Ausnahmefällen zulässig |
| Formgerechte Verfügung | § 2336 BGB | Testament oder Erbvertrag notwendig |
| Zeitpunkt des Grundes | § 2336 Abs. 2 BGB | Muss vor Testamentserrichtung bestehen |
| Keine Verzeihung | § 2337 BGB | Verzeihung macht Entzug unwirksam |
E-Book: „Die Erbengemeinschaft – In 9 Schritten zur Lösung“

- Gratis-E-Book „Die Erbengemeinschaft – In 9 Schritten zur Lösung“: Mein Leitfaden, wie Sie Ihren Weg aus der Erbengemeinschaft finden. Exklusive und kostenfreie Zugabe zum Newsletter!
- Checkliste Todesfall: Die wichtigsten Aufgaben für Angehörige in den ersten Tagen und Wochen nach dem Todesfall. Ebenfalls kostenlos zum Newsletter!
- Der Newsletter: Nichts mehr verpassen. Meine exklusiven Insider-Tipps, neueste Beiträge und aktuelle Entwicklungen!
Formale Anforderungen und korrekte Formulierung im Testament
Ein Pflichtteilsentzug kann nur wirksam werden, wenn der Erblasser ihn korrekt im Testament oder Erbvertrag anordnet. Dabei sind strenge Formvorgaben zu beachten. Pauschale Vorwürfe oder ungenaue Angaben führen regelmäßig zur Unwirksamkeit.
Testamentarische Voraussetzungen nach § 2336 BGB
Gemäß § 2336 BGB darf ein Pflichtteilsentzug nur durch eine formgültige letztwillige Verfügung erfolgen – also durch Testament oder Erbvertrag. Eine bloß mündliche Äußerung oder eine undatierte/notizartige Aufzeichnung ohne Einhaltung der Testamentsform reichen nicht. Ein Pflichtteilsentzug muss in einem formwirksamen Testament oder Erbvertrag (§§ 2247, 2232, 2336 BGB) angeordnet werden. Zudem muss der Entziehungsgrund bereits zum Zeitpunkt der Errichtung vorliegen. Entsteht der Grund erst später, ist eine neue Verfügung erforderlich. Wichtig ist auch: Die Beweislast liegt bei den Erben – sie müssen im Streitfall darlegen und beweisen, dass der im Testament genannte Entziehungsgrund tatsächlich vorlag. Fehlen klare Belege oder sind Aussagen nicht überprüfbar, wird der Entzug vom Gericht meist für unwirksam erklärt.
- Formvorschrift: Pflichtteilsentzug nur über Testament oder Erbvertrag gültig.
- Entstehungszeitpunkt: Der Entziehungsgrund muss bei Testamentserrichtung bereits vorgelegen haben.
- Beweislast: Im Streitfall müssen die Erben den Entziehungsgrund belegen.
Entziehungsgrund im Testament konkret formulieren
Ein zulässiger Entziehungsgrund genügt nicht – er muss im Testament auch so konkret beschrieben werden, dass er objektiv überprüfbar ist. Allgemeine Formulierungen wie „wegen schlechtem Benehmen“ oder „wegen dauernder Kränkungen“ reichen nicht aus. Stattdessen verlangt das Gesetz eine detaillierte Schilderung: Was genau ist passiert? Wann? Wer war beteiligt? Die Tatsachen müssen klar benannt sein. Möglich sind zum Beispiel Hinweise auf ein Strafurteil, konkrete Daten eines Vorfalls oder Zeugenaussagen. Ziel ist, dass ein Dritter – insbesondere ein Gericht – die Schwere des Fehlverhaltens selbst einschätzen kann. Unklare oder vage Aussagen führen dazu, dass der Entzug als unbegründet und damit unwirksam angesehen wird.
| Formulierungsart | Wirkung | Begründung |
|---|---|---|
| „Er war immer undankbar.“ | Unwirksam | Zu pauschal und subjektiv |
| „Er bedrohte mich am 12.03.2020 körperlich.“ | Möglich | Konkrete, prüfbare Angabe |
| „Wegen seiner Lebensführung.“ | Unwirksam | Keine Tatsachen genannt |
| „Urteil LG Köln vom 15.06.2021, Az. XY123“ | Wirksam möglich | Objektive Beweislage |
Enterbung beseitigt den Erbanspruch, nicht automatisch den Pflichtteil – prüfen Sie daher bei der Testamentserrichtung, ob ein gesetzlicher Entziehungsgrund nach § 2333 BGB vorliegt und benennen Sie diesen konkret und nachweisbar im Testament. Fehlt der Nachweis, bleibt der Pflichtteil durchsetzbar; erwägen Sie deshalb notarielle Alternativen (Pflichtteilsverzicht, vorgezogene Schenkung mit Nießbrauch) und lassen Sie die Gestaltung anwaltlich prüfen.

Persönlicher Experten-Tipp von Dr. Stephan Seitz
Verzeihung des Erblassers – Auswirkungen auf den Pflichtteilsentzug
Selbst wenn ein wirksamer Entziehungsgrund vorliegt, kann eine spätere Verzeihung den Pflichtteilsentzug wieder aufheben. § 2337 BGB regelt, dass eine ausgesprochene oder stillschweigende Verzeihung den Entziehungsgrund neutralisiert. Die Konsequenz: Der Pflichtteil lebt wieder auf.
Verzeihung nach § 2337 BGB macht Entziehung wirkungslos
Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten verziehen, verliert ein zuvor formulierter Pflichtteilsentzug seine Wirksamkeit – selbst wenn alle Voraussetzungen ursprünglich erfüllt waren. Eine Verzeihung liegt vor, wenn der Erblasser das frühere Fehlverhalten verziehen und den Kontakt wiederhergestellt hat. Dabei ist keine besondere Form erforderlich. Auch eine konkludente Verzeihung – etwa durch regelmäßigen Kontakt, finanzielle Unterstützung oder versöhnliche Aussagen – genügt. Umstritten ist oft, ob tatsächlich eine Verzeihung vorliegt. Wenn die Beteiligten das unterschiedlich bewerten, muss ein Gericht entscheiden, ob die Umstände für eine Verzeihung sprechen.
- Verzeihung möglich: Der Erblasser kann auch nach einem Pflichtteilsentzug jederzeit verzeihen.
- Wirkung: Die Verzeihung macht den Entzug unwirksam – der Pflichtteil lebt wieder auf.
- Beweisproblem: Die Erben müssen den Entziehungsgrund beweisen (§ 2336 Abs. 3 BGB). Macht der Pflichtteilsberechtigte geltend, der Erblasser habe verziehen (§ 2337 BGB), hat grundsätzlich er die Verzeihung darzulegen und zu beweisen.
Wie kann der Entzieher eine Verzeihung wirksam ausschließen?
Wer den Pflichtteil entziehen will, kann im Testament vorsorglich erklären, dass selbst bei späterem Kontakt keine Verzeihung gewollt ist. Diese Klausel schränkt das Risiko einer konkludenten Verzeihung ein – ihre Wirkung ist jedoch begrenzt. Denn eine tatsächliche spätere Annäherung kann die schriftliche Klausel überlagern. Sicherer ist es, nach einem Verzeihungsversuch den Entzug im Testament erneut zu bestätigen – mit aktualisiertem Datum und erneut benanntem Entziehungsgrund. Nur so lässt sich rechtlich eindeutig dokumentieren, dass der Pflichtteilsentzug trotz Kontakt aufrechterhalten werden soll.
| Sachverhalt | Wirkung auf Entzug | Bemerkung |
|---|---|---|
| Versöhnung und Kontaktaufnahme | Entzug kann unwirksam werden | Verzeihung wird vermutet |
| Testament mit Ausschlussklausel | Wirksamkeit möglich | Nur begrenzt sicher |
| Keine Kommunikation bis zum Tod | Entzug bleibt wirksam | Keine Verzeihung erfolgt |
| Neue Verfügung mit Bestätigung | Entzug bleibt bestehen | Rechtlich eindeutiger |
Pflichtteil entziehen: Meine weiteren Artikel
Pflichtteil einfordern: Schritte, Fristen & AnforderungenAutor: Dr. Stephan Seitz
Zuletzt aktualisiert: 13. Januar 2025
Pflichtteil einklagen: Wann lohnt sich die Klage?Autor: Dr. Stephan Seitz
Zuletzt aktualisiert: 26. März 2025
Pflichtteil Erbe Eltern: Was Mutter & Vater zustehtAutor: Dr. Stephan Seitz
Zuletzt aktualisiert: 21. März 2025
Pflichtteil Enkel: Berechnung und GeltendmachungAutor: Dr. Stephan Seitz
Zuletzt aktualisiert: 18. März 2025
Pflichtteil Erbengemeinschaft ermitteln und einfordernAutor: Dr. Stephan Seitz
Zuletzt aktualisiert: 8. Januar 2025
Pflichtteil Erbe: Berechtigung, Höhe und Durchsetzung!Autor: Dr. Stephan Seitz
Zuletzt aktualisiert: 8. März 2025
Alternativen zur Pflichtteilsentziehung – mildere Gestaltungen
Der Pflichtteilsentzug ist rechtlich schwer durchsetzbar. Wer Angehörige aus der Nachlassbeteiligung heraushalten möchte, hat mildere und oft sicherere Möglichkeiten. Dazu zählen Pflichtteilsverzicht, lebzeitige Übertragungen oder Gestaltungsspielräume bei Immobilien und Vermögensstruktur.
Pflichtteilsverzicht als einvernehmliche Lösung
Ein Pflichtteilsverzicht ist eine vertragliche Einigung, bei der ein Pflichtteilsberechtigter gegen Abfindung oder freiwillig auf künftige Ansprüche verzichtet. Der Verzicht muss notariell beurkundet werden (§ 2346 BGB). Dadurch kann der Erblasser sein Vermögen frei gestalten, ohne spätere Pflichtteilsansprüche zu fürchten. Oft geschieht dies im Rahmen von vorgezogenen Erbfolgeregelungen, etwa bei Unternehmensnachfolgen oder Immobilientransfers. Wichtig: Der Verzicht betrifft nur die konkrete Person und – sofern nichts anderes vereinbart ist – deren Abkömmlinge. Andere Pflichtteilsberechtigte (z. B. der Ehegatte oder andere Kinder, die keinen Verzicht erklärt haben) behalten ihre Ansprüche.
- Notarieller Vertrag: Pflichtteilsverzicht nur mit notarieller Beurkundung gültig.
- Individuell: Der Pflichtteilsverzicht gilt grundsätzlich auch für die Abkömmlinge des Verzichtenden (§ 2349 BGB), sofern im notariellen Vertrag nichts anderes geregelt ist.
- Gestaltungsfreiheit: Verzicht ermöglicht klare Vermögensplanung ohne spätere Streitigkeiten.
Lebzeitige Schenkungen und Pflichtteilsergänzungsansprüche
Auch ohne Entzug kann die Pflichtteilsquote durch rechtzeitige Schenkungen reduziert werden. Schenkungen an Dritte mindern den Nachlass, allerdings müssen diese nach § 2325 BGB unter bestimmten Voraussetzungen zum Pflichtteil ergänzt werden. Der Ergänzungsanspruch fällt jedes Jahr um 10 % – nach 10 Jahren bleibt nichts mehr zu berücksichtigen. Schenkungen mit Vorbehalt von Nießbrauch oder Wohnrechten können den Pflichtteilsergänzungsanspruch unter Umständen mindern, sind aber heikel: Bei einem umfassenden Nießbrauch / weitgehendem Wohnrecht beginnt die 10-Jahresfrist häufig gar nicht zu laufen, sodass die Schenkung voll ergänzungspflichtig bleibt. Gestaltungen mit quotenmäßig begrenztem Nießbrauch oder echten Gegenleistungen (z. B. Leibrente) können dagegen zu einer realen Reduzierung führen. Ziel ist, den Pflichtteil rechnerisch zu schmälern, ohne formale Entziehung.
| Schenkung vor … Jahren | Ergänzungsanteil | Rechtswirkung |
|---|---|---|
| 1 Jahr | 100 % | Voll anzurechnen |
| 5 Jahre | 50 % | Hälfte zählt zum Nachlass |
| 9 Jahre | 10 % | Nur kleiner Zuschlag |
| 11 Jahre | 0 % | Keine Pflichtteilsergänzung mehr |

Sie wurden enterbt? Pflichtteilsanspruch ohne finanzielles Risiko geltend machen!*

- Holen Sie sich Ihr Recht: Eine Enterbung ist in Deutschland nahezu unmöglich. Nur bei schweren Straftaten gegen den Erblasser oder einem notariellen Erbverzicht ist eine Enterbung möglich.
- Ohne Kostenrisiko: Mit Erbfinanz als Prozessfinanzierer brauchen Sie keine Angst vor wirtschaftlich stärkeren Erben haben – mein Partner trägt sämtliche Kosten des Rechtsstreits.
- Freie Anwaltswahl: Sie können sich Ihren Anwalt frei aussuchen – vorausgesetzt es ist ein Fachanwalt für Erbrecht. Gerne können Sie Erbfinanz auch nach Empfehlungen fragen.
Rechtliche Durchsetzung und gerichtliche Erfolgsaussichten
Ein Pflichtteilsentzug wird vor Gericht nur selten bestätigt. Die Anforderungen an Beweise, Formulierung und tatsächliche Unzumutbarkeit sind hoch. Erblasser müssen Entziehungsgründe klar dokumentieren – anderenfalls bleibt der Pflichtteil bestehen.
Gerichtliche Prüfung des Entziehungsgrundes
Gerichte prüfen Pflichtteilsentziehungen besonders streng. Zentral ist, ob das Verhalten des Pflichtteilsberechtigten tatsächlich so schwerwiegend war, dass dem Erblasser die Beteiligung am Nachlass nicht zumutbar ist. Dazu muss der Entziehungsgrund nach § 2333 BGB vollständig erfüllt sein – bloße Enttäuschung, Kränkungen oder Kontaktabbruch reichen nicht aus. Bei unklaren Sachverhalten oder pauschalen Vorwürfen wird der Entzug regelmäßig für unwirksam erklärt. Die Darlegungs- und Beweislast liegt vollständig bei den Erben. Sie müssen konkrete Tatsachen nachweisen, die den Entziehungsgrund belegen. Lückenhafte oder widersprüchliche Angaben führen fast immer zur Ablehnung.
- Beweispflicht: Die Erben müssen alle Entziehungsgründe vollständig belegen.
- Strenge Auslegung: Gerichte prüfen restriktiv – Schutz des Pflichtteils hat hohen Stellenwert.
- Ablehnungsquote hoch: Viele Pflichtteilsentziehungen scheitern an Form oder Beweislage.
Relevante Rechtsprechung und Streitrisiken
Die bisherige Rechtsprechung zeigt: Nur eindeutige Fälle – etwa strafrechtlich belegte Verfehlungen oder massive Pflichtverletzungen – führen zu einer erfolgreichen Pflichtteilsentziehung. Streitigkeiten über angebliche Respektlosigkeit oder moralisches Fehlverhalten haben vor Gericht kaum Chancen. Oft entstehen in solchen Prozessen hohe Kosten – etwa für Anwälte, Sachverständige oder Zeugenvernehmungen. Zudem besteht das Risiko, dass der Entzug für unwirksam erklärt wird und der Pflichtteilsberechtigte dann zusätzlich Zinsen und Prozesskosten verlangen kann. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte alternative Gestaltungen prüfen oder frühzeitig anwaltlichen Rat einholen.
| Streitgrund | Gerichtsentscheidung | Folge |
|---|---|---|
| Körperverletzung mit Urteil | Entziehung wirksam | Pflichtteil entfällt |
| Jahrelanger Kontaktabbruch | Unwirksam | Pflichtteil bleibt |
| Unterhaltsverweigerung bei Wohlstand | Wirksam bei Nachweis | Pflichtteil entfällt |
| Pauschale Vorwürfe ohne Beleg | Unwirksam | Pflichtteil bleibt |
Pflichtteilsanspruch wirtschaftlich reduzieren – legale Hebel nutzen
Auch wenn der Pflichtteil nicht entzogen werden kann, lässt sich seine Höhe wirtschaftlich beeinflussen. Mit legalen Gestaltungen wie Nießbrauch, Leibrente oder werthaltigen Gegenleistungen kann der Nachlass gezielt strukturiert werden – ohne formellen Pflichtteilsentzug.
Nießbrauch, Wohnrecht und Leibrente als Pflichtteilsbremse
Vermögensübertragungen zu Lebzeiten müssen nicht unentgeltlich erfolgen. Wer z. B. eine Immobilie auf ein Kind überträgt, kann sich den Nießbrauch – also das lebenslange Nutzungsrecht – vorbehalten. Dadurch wird der wirtschaftliche Wert der Schenkung stark reduziert, was wiederum den Pflichtteilsergänzungsanspruch unter Umständen senkt. Ähnlich wirken Wohnrechte oder Vereinbarungen über Leibrenten, bei denen das übertragene Vermögen mit einer Gegenleistung verbunden ist. Solche Regelungen sind rechtlich anerkannt und ermöglichen eine gezielte Steuerung des Nachlasswertes – ohne Entziehungsrisiko oder gerichtliche Anfechtung.
- Nießbrauch: Vermögen bleibt wirtschaftlich beim Schenker – kann den Pflichtteilsanspruch spürbar reduzieren, je nach Ausgestaltung.
- Leibrente: Gegenleistung durch Zahlung lebenslanger Rente verringert Schenkungswert rechtlich wirksam.
- Wohnrecht: Wohnnutzung senkt Marktwert der Immobilie und damit den Erbanteil.
Nachlassstruktur, Unternehmensbewertung und Steueraspekte
Der Pflichtteil bezieht sich auf den Wert des realen Nachlasses. Daher können Bewertungen eine große Rolle spielen – insbesondere bei Immobilien, Unternehmensanteilen oder nicht liquiden Vermögenswerten. Je nach Bewertungsverfahren können unterschiedliche Pflichtteilshöhen entstehen. Auch steuerliche Freibeträge oder Gestaltungsmöglichkeiten – etwa durch Güterstandsschaukel oder Holdingstruktur – spielen bei größeren Nachlässen eine Rolle. Fachanwälte und Steuerberater entwickeln hier oft maßgeschneiderte Strategien. Ziel ist nicht, den Pflichtteil zu verweigern, sondern ihn auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu bringen.
| Gestaltungsmaßnahme | Wirkung | Bemerkung |
|---|---|---|
| Nießbrauch | Reduziert Schenkungswert | Pflichtteilsergänzung sinkt |
| Leibrente | Gegenleistung senkt Netzwert | Pflichtteil geringer |
| Güterstandsschaukel | Steueroptimierung | Pflichtteil indirekt beeinflusst |
| Stille Reserven im Unternehmen | Bewertungsspielraum | Pflichtteil schwer zu berechnen |
E-Book: „Die Erbengemeinschaft – In 9 Schritten zur Lösung“

- Gratis-E-Book „Die Erbengemeinschaft – In 9 Schritten zur Lösung“: Mein Leitfaden, wie Sie Ihren Weg aus der Erbengemeinschaft finden. Exklusive und kostenfreie Zugabe zum Newsletter!
- Checkliste Todesfall: Die wichtigsten Aufgaben für Angehörige in den ersten Tagen und Wochen nach dem Todesfall. Ebenfalls kostenlos zum Newsletter!
- Der Newsletter: Nichts mehr verpassen. Meine exklusiven Insider-Tipps, neueste Beiträge und aktuelle Entwicklungen!
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zwischen Enterbung und Pflichtteilsentzug?
Unter welchen Voraussetzungen ist ein Pflichtteilsentzug nach § 2333 BGB möglich?
Wie muss der Ausschluss des Pflichtteils im Testament formuliert sein, damit er wirksam ist?
Welche legalen Alternativen gibt es, um die Pflichtteilsquote wirtschaftlich zu reduzieren?
Quellenangaben und weiterführende Literatur
Die Informationen auf dieser Seite sind sorgfältig recherchiert und zusammengetragen. Folgende Quellen und weiterführende Literatur empfehle ich im Kontext Pflichtteil entziehen:
Dieser Beitrag wurde recherchiert und veröffentlicht von Dr. Stephan Seitz
Mein Name ist Dr. Stephan Seitz. Ich habe an der LMU München Jura studiert, 2006 mein Staatsexamen abgelegt und anschließend an der Universität Regensburg promoviert. Seitdem verbinde ich juristisches Fachwissen mit meinen eigenen Erfahrungen im Erbrecht und lasse dieses Wissen in meinen Ratgeber einfließen. Mehr zu meinem Werdegang und beruflichen Stationen finden Sie bei Interesse auf LinkedIn.
Die Idee zu dieser Webseite entstand, als ich selbst Teil einer Erbengemeinschaft war. Ich habe die Spannungen, rechtlichen Fragen und Unsicherheiten, die viele Miterben belasten, hautnah erlebt. Mit HEREDITAS » Ratgeber Erbengemeinschaft möchte ich juristische Grundlagen und Lösungswege verständlich darstellen und so Orientierung bieten.
Meine Inhalte sind für Sie kostenfrei. Mögliche Werbelinks, die zur Finanzierung beitragen, sind transparent gekennzeichnet.
Sie erreichen mich über die Kontaktseite.

Kommentare
Bislang keine Kommentare.Schreiben Sie Ihren Kommentar!