Pfichtteilsergänzungsanspruch: Ausgleich von lebzeitigen Schenkungen des Erblassers an Dritte
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Inhaltsverzeichnis: Darum geht es auf dieser Seite
- Was ist die Situation beim Pflichtteilsanspruch?
- Was genau ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
- In welchem Zeitraum werden Schenkungen berücksichtigt?
- Wann genau beginnt die Zehnjahresfrist?
- Was sind gemischte Schenkungen?
- Unbenannten Zuwendungen: Schenkungen an den Ehepartner
- Pflichtteilsergänzungsanspruch und Schenkungen unter Nutzungsvorbehalt?
- Wann lösen Schenkungen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche aus?
- Welcher Stichtag ist bei Schenkungen maßgebend?
- Wie genau wird der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet?
- Werden Eigengeschenke auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch angerechnet?
- Wer schuldet die Ergänzung des Pflichtteils?
Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf. Mehr zu meiner Person.
Bitte beachten Sie meine rechtlichen Hinweise für diese Webseite. Der Inhalt dient ausschließlich der allgemeinen Information und Bildung sowie zur Unterhaltung. Für eine verbindliche Auskunft wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder vergleichbaren Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet.
Was ist die Situation beim Pflichtteilsanspruch?
Sind Sie als gesetzlicher Erbe per letztwilliger Verfügung des Erblassers „enterbt“ und damit pflichtteilsberechtigt, haben Sie Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, dass bestimmte nahe Angehörige ungeachtet der persönlichen Beziehung zum Erblasser am Nachlass beteiligt werden. Es kommt häufig vor, dass Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vornehmen und dadurch den Bestand des Nachlasses und damit den Wert des Pflichtteils verringern.
Oft geht es dabei darum, den Pflichtteilsanspruch von eigentlich erbberechtigten Angehörigen dadurch zu unterlaufen, dass Teile des Vermögens frühzeitig an diejenige Person verschenkt werden, die der spätere Erblasser als Erbe bevorzugt. Der Wunscherbe wird in einem Testament oder in einem Erbvertrag als alleiniger Erbe bestimmt. Wunscherben sind oft nichteheliche Lebenspartner oder ein Kind, zu dem der Elternteil eine besondere Beziehung hat oder eine andere Person, die dem Erblasser besonders nahesteht. Um den Pflichtteilsanspruch in der Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils aufrechtzuerhalten, schützt das Pflichtteilsrecht die pflichtteilsberechtigten Angehörigen davor, durch solche Schenkungen benachteiligt zu werden.
Was genau ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Hat der Erblasser durch Schenkungen den Pflichtteil verringert, werden die meisten Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod gemacht hat, dem Nachlass hinzugerechnet (§ 2325 BGB). Dadurch erhöht sich der Pflichtteil.
Die Anrechnung von Schenkungen führt aber nicht dazu, dass die einzelnen Schenkungen als solche rückgängig gemacht werden. Die Schenkung bleibt wirksam. Der Pflichtteilsberechtigte, dessen Pflichtteil durch eine Schenkung reduziert wurde, hat lediglich Anspruch auf Ergänzung seines Pflichtteils. Daraus leitet sich der Begriff des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ab. Dieser Anspruch richtet sich gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft und ausnahmsweise auch gegen die beschenkte Person selbst.
- Holen Sie sich Ihr Recht: Eine Enterbung ist in Deutschland nahezu unmöglich. Nur bei schweren Straftaten gegen den Erblasser oder einem notariellen Erbverzicht ist eine Enterbung möglich.
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In welchem Zeitraum werden Schenkungen berücksichtigt?
Schenkungen des Erblassers bleiben unberücksichtigt, wenn beim Tod des Erblassers zehn Jahre verstrichen sind (§ 2325 Abs. III BGB).
Abschmelzen der Schenkung für Todesfälle ab 1.1.2010
Innerhalb der Zehnjahresfrist wird eine Schenkung nur im ersten Jahr vor dem Erbfall zu 100 Prozent berücksichtigt. Für jedes weitere Jahr vor dem Erbfall reduziert sich der Wertansatz um jeweils 10 %. Dies führt dazu, dass mit jedem Jahr nach der Schenkung ein Zehntel des Werts der Schenkung bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs außer Betracht bleibt. Je mehr Zeit seit der Schenkung vergangen ist, umso weniger wird die Schenkung berücksichtigt.
Alles oder nichts für Todesfälle bis 31.12.2009
Für Todesfälle bis 31.12.2009 gilt das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“. In diesen Fällen werden alle Schenkungen in den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers zu 100 % berücksichtigt. Eine Abschmelzung, wie diese für Todesfälle ab dem 1.1.2010 vorgesehen ist, findet nicht statt.
Ausnahme: Keine Frist bei Schenkung an den Ehegatten
Hat der Erblasser dem Ehegatten eine Schenkung zukommen lassen, kommt es auf die Zehnjahresfrist nicht an. Nach dem Gesetz sind sämtliche Schenkungen während der Zeit der Ehe im Rahmen des Pflichtteilsrechts zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn die Schenkung vielleicht Jahrzehnte zurückliegt (§ 2325 Abs. III BGB). In diesem Fall beginnt die Frist erst mit der Scheidung der Ehe.
Wann genau beginnt die Zehnjahresfrist?
Die Zehnjahresfrist beginnt, wenn der Schenkungsgegenstand Eigentum des Beschenkten geworden ist. Bei beweglichen Sachen und Geld erfolgt der Eigentumsübergang mit der Übergabe oder dem Eingang des Betrages auf dem Konto des Beschenkten. Wurde ein Grundstück übertragen, ist die Schenkung mit der Eintragung des Beschenkten als neuer Eigentümer im Grundbuch vollzogen.
Was sind gemischte Schenkungen?
Eine Schenkung ist eine Schenkung, wenn das Eigentum ohne jede Gegenleistung übertragen wird. Wurde eine, wenn auch nur geringwertige Gegenleistung vereinbart, kann es schwierig zu beurteilen sein, ob eine Schenkung vorliegt oder nicht.
Unbenannten Zuwendungen: Schenkungen an den Ehepartner
Oft beschenken sich Ehepartner, ohne festzulegen, wie die Schenkung zu verstehen ist. Die Rede ist von „unbenannten Zuwendungen“.
Pflichtteilsergänzungsanspruch und Schenkungen unter Nutzungsvorbehalt?
Die Zehnjahresfrist, innerhalb derer im Regelfall Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgelöst werden, unterliegt einer besonderen Beurteilung, wenn der Erblasser die Schenkung mit einem Nießbrauch oder Wohnungsrecht verbunden hat. Der Bundesgerichtshof hat nämlich die Zehnjahresfrist insoweit erweitert, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch unabhängig vom Verlauf der zehn Jahre begründet sind, wenn die Zuwendung nicht endgültig aus dem wirtschaftlichen Verfügungsbereich des Erblassers ausgegliedert wurde. Es liege dann ein sogenannter Genussverzicht vor (BGH, NJW 1987, 122).
Vereinbart der Erblasser bei der Übertragung einer Immobilie ein Nießbrauchsrecht, das ihn berechtigt, die Immobilie weiterhin zu nutzen, führt die Schenkung zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch, auch wenn Schenkung 25 Jahre zurückliegt. Gleiches gilt, wenn ein Wohnungsrecht eingeräumt wurde. In diesen Fällen beginnt die Zehnjahresfrist erst zu laufen, wenn der Nutzungsvorbehalt erlischt oder der Berechtigte keinen Gebrauch davon macht.
Wann lösen Schenkungen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche aus?
Nicht jede Schenkung des Erblassers ist rechtlich relevant. Pflicht- und Anstandsschenkungen begründen nämlich keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2330 BGB).
Anstandsschenkungen sind kleinere Zuwendungen, die der Erblasser zu bestimmten Anlässen überreicht, beispielsweise Geschenke zur Hochzeit, an Weihnachten oder zum Geburtstag.
Pflichtschenkungen kommen in Betracht, wenn der Erblasser den nichtehelichen Lebenspartner versorgen oder für unbezahlte langwierige Dienste im Haushalt oder für die Pflege bedenken möchte. Gleiches gilt, wenn die Zuwendung an den Ehegatten der Unterhalts- oder Alterssicherung dient oder als Vergütung für langwierige Dienste im Haushalt zu beurteilen ist.
Welcher Stichtag ist bei Schenkungen maßgebend?
Sind Sie pflichtteilsberechtigt und fordern eine Pflichtteilsergänzung, kommt es darauf an, zu welchem Stichtag die Schenkung des Erblassers zu bewerten ist.
- Verbrauchbare Sachen (z.B. Geld) sind mit dem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung anzusetzen (§ 2325 Abs. II BGB).
- Nicht verbrauchbare Sachen (Möbel, Kfz, Grundstücke) sind mit dem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls anzusetzen. War der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung niedriger, gilt dieser Wert (§ 2325 Abs. II BGB). Insoweit ist stets der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung zu vergleichen. Der sich hieraus ergebende geringere Wert ist Maßstab für die Pflichtteilsberechnung.
Wie genau wird der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet?
Der Pflichtteilsanspruch wird berechnet, indem das Geschenk dem Nachlass hinzugerechnet wird. Das Geschenk wird also so behandelt, als habe sich der Vermögenswert zum Zeitpunkt des Erbfalls noch im Vermögen des Erblassers befunden. Nach dieser fiktiven Hinzurechnung wird der Pflichtteil berechnet. Davon ist der Wert abzuziehen, den der Pflichtteilsberechtigte als Geschenk erhalten hat.
Werden Eigengeschenke auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch angerechnet?
Hat der Pflichtteilsberechtigte vom Erblasser Geschenke erhalten, sind diese Eigengeschenke immer auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch anzurechnen (§ 2327 BGB). Die Anrechnung erfolgt unabhängig davon, ob der Erblasser diese Anrechnung angeordnet hat. Eine zeitliche Einschränkung, beispielsweise auf zehn Jahre, gibt es nicht. Der Pflichtteilsberechtigte muss sich insoweit auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch alle Eigengeschenke anrechnen lassen, die er jemals vom Erblasser erhalten hat.
Wer schuldet die Ergänzung des Pflichtteils?
Fordern Sie die Ergänzung Ihres Pflichtteils, ist vorrangig der Erbe oder die Erbengemeinschaft Ihr Ansprechpartner. Der Beschenkte hingegen muss das Geschenk nur dann herausgeben, wenn der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, beispielsweise weil kein werthaltiger oder nur ein überschuldeter Nachlass vorhanden ist.