Pflichtteil einfordern: Welche Schritte, Fristen und formalen Anforderungen sind zu beachten?
8 Minuten sinnvoll investierte Lesezeit- welche Schritte Sie unternehmen können, um den Pflichtteil einzufordern,
- welche Fristen zu beachten sind und
- welche formalen Anforderungen Ihre Vorgehensweise bestimmen.
Inhaltsverzeichnis: Darum geht es auf dieser Seite
- Wie machen Sie den Pflichtteilsanspruch geltend?
- Was sind die häufigsten Streitfälle im Pflichtteilsrecht?
- Welche Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung und der Mediation gibt es?
- Was tun, wenn nicht feststeht, wer Erbe ist?
- Was tun, wenn der Erbe Auskunft und Nachlassverzeichnis verweigert?
- Welche Fristen sind beim Pflichtteilsanspruch zu berücksichtigen?
- Stundung des Pflichtteilsanspruchs
- Was gilt bei einer Pflichtteilsklausel?
- Was kostet ein Pflichtteilsprozess?
- Fazit zur Einforderung des Pflichtteils
Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf. Mehr zu meiner Person.
Bitte beachten Sie meine rechtlichen Hinweise für diese Webseite. Der Inhalt dient ausschließlich der allgemeinen Information und Bildung sowie zur Unterhaltung. Für eine verbindliche Auskunft wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder vergleichbaren Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet.
Wie machen Sie den Pflichtteilsanspruch geltend?
Sind Sie pflichtteilsberechtigt, ist es naheliegend, dass Sie den Erben oder die Erbengemeinschaft auffordern, den Pflichtteil auszuzahlen. Der Pflichtteil ist im Regelfall in Bargeld zu entrichten. Sie haben keinen Anspruch darauf, am Nachlass beteiligt zu werden. Sie können auch nicht verlangen, dass Ihnen einzelne Nachlassgegenstände übereignet werden. Als Pflichtteilsberechtigter sind Sie zwar Erbe, sind aber vom Erbe ausgeschlossen und werden auch nicht Mitglied einer Erbengemeinschaft.
Der Erbe ist nicht verpflichtet, Sie nach dem Erbfall von sich aus als pflichtteilsberechtigten Erben anzusprechen oder gar auf den Erbfall hinzuweisen. Vielmehr müssen Sie selbst aktiv werden. Dazu kommen folgende Schritte in Betracht:
Auskunftsanspruch geltend machen und Nachlassverzeichnis einfordern
Möchten Sie die Initiative ergreifen, sollten Sie ein Aufforderungsschreiben an den Erben richten. Sie haben einen gesetzlich normierten Auskunftsanspruch. Danach ist der Erbe verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen (§ 2314 BGB). Ist eine vernünftige Kommunikation mit dem Erben möglich, sollte es anfänglich genügen, den Erben mit freundschaftlichen Worten aufzufordern, ein solches Nachlassverzeichnis zu erstellen. Die Drohung, sofort gerichtliche Hilfe in Anspruch vorzunehmen, könnte provozierend wirken und eine vielleicht kritische Beziehung unnötig verhärten.
Im Nachlassverzeichnis sind die Nachlassgegenstände zu bezeichnen und die Nachlassverbindlichkeiten zu benennen. Insoweit kann es genügen, wenn der Erbe die Nachlassgegenstände zunächst nach Anzahl und wertbildenden Faktoren erfasst. Angaben über den Wert einzelner Nachlassgegenstände sind nicht erforderlich. Sie sollten als Pflichtteilsberechtigter jedenfalls in der Lage sein, sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen.
Einbeziehung eines Notars
Haben Sie von vornherein Zweifel, dass der Erbe wahrheitsgemäß und ordnungsgemäß ein Nachlassverzeichnis erstellt, besteht das Recht, das Nachlassverzeichnis durch einen Notar aufnehmen zu lassen. Dann hat der Notar den Nachlassbestand selbst zu ermitteln. Dazu muss der Notar eigene Erkundigungen anstellen und darf sich nicht darauf verlassen, was der Erbe behauptet. Der Erbe kann Ihren Wunsch, einen Notar einzubeziehen, nicht zurückweisen. Ein Wermutstropfen besteht darin, dass die Gebühren des Notars zu Lasten des Nachlasses gehen und damit den Pflichtteil schmälern.
Nachlasswerte ermitteln
Soweit sich das Nachlassverzeichnis auf die Angabe der Vermögensgegenstände beschränkt, kann immer noch Ungewissheit darüber bestehen, welchen Vermögenswert oder Verkehrswert ein einzelner Vermögensgegenstand verkörpert. Die Kenntnis der Werte ist aber wichtig, um den Pflichtteilsanspruch zu beziffern.
Um den Pflichtteilsanspruch konkret zu beziffern, wird es meist erforderlich sein, über den bloßen Auskunftsanspruch hinaus auch den sogenannten Wertermittlungsanspruch geltend zu machen (§ 2314 BGB). Der Erbe ist verpflichtet, den Wert einzelner Nachlassgegenstände zu ermitteln oder ermitteln zu lassen. Wird die fachliche Hilfe Dritter benötigt, bedarf es meist eines Sachverständigengutachtens. Der dafür maßgebliche Kostenaufwand geht zu Lasten des Nachlasses.
Um ein Sachverständigengutachten möglichst objektiv erstellen zu lassen, empfiehlt sich, dass Sie sich mit dem Erben auf die Auswahl eines bestimmten Sachverständigen einigen. Ansonsten steht die Auswahl des Sachverständigen im Ermessen des Erben.
Weigert sich der Erbe, einen Sachverständigen zu beauftragen, könnten Sie selbst ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Verlangt der Sachverständige einen Vorschuss, werden Sie wegen der Kosten in Vorlage treten müssen. Wird Ihrem Anspruch letztlich stattgegeben, müsste der Erbe oder die Erbengemeinschaft die verauslagten Kosten für den Sachverständigen aus dem Nachlass erstatten.
Relevanter Stichtag, Aufforderungsschreiben an den Erben, Nachlassverzeichnis und Wertermittlungsanspruch: Lesen Sie Details zur Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten.
- Holen Sie sich Ihr Recht: Eine Enterbung ist in Deutschland nahezu unmöglich. Nur bei schweren Straftaten gegen den Erblasser oder einem notariellen Erbverzicht ist eine Enterbung möglich.
- Ohne Kostenrisiko: Mit Erbfinanz als Prozessfinanzierer brauchen Sie keine Angst vor wirtschaftlich stärkeren Erben haben – mein Partner trägt sämtliche Kosten des Rechtsstreits.
- Freie Anwaltswahl: Sie können sich Ihren Anwalt frei aussuchen – vorausgesetzt es ist ein Fachanwalt für Erbrecht. Gerne können Sie Erbfinanz auch nach Empfehlungen fragen.
Was sind die häufigsten Streitfälle im Pflichtteilsrecht?
Erfahrungsgemäß ist es wohl so, dass Erben nicht immer bereit sind, freiwillig und im gegenseitigen Einvernehmen den Pflichtteil auszuzahlen. Typische Streitfälle im Pflichtteilsrecht sind daher:
- Der Erbe verweigert jegliche Kooperation und behauptet, der Pflichtteilsberechtigte sei nicht gesetzlicher Erbe und damit auch nicht pflichtteilsberechtigt.
- Der Erbe verweigert die Auskunft über den Bestand des Nachlasses und die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses.
- Der Erbe ist bereit, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, weigert sich aber, die Person des Pflichtteilsberechtigten einzubeziehen oder einen Notar zu beteiligen.
- Der Erbe weigert sich, den Wert eines Nachlassgegenstandes zu ermitteln oder behauptet unzutreffende Werte oder lehnt es in letzter Konsequenz ab, zur Wertermittlung einen Sachverständigen einzubeziehen.
- Ziehen sich die Verhandlungen zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigtem lange Zeit hin, droht nach drei Jahren die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs. Unter Umständen spekuliert der Erbe auf die Verjährung.
- Ist der Erbe aus Liquiditätsgründen nicht in der Lage, den Pflichtteil in Bargeld auszuzahlen, kann er beantragen, den Pflichtteilsberechtigten zu verpflichten, die Stundung des Pflichtteils zu akzeptieren.
- Befindet sich im Ehegattentestament der Eltern eine Pflichtteilsklausel, muss ein pflichtteilsberechtigtes Kind oft entscheiden, ob es bereits beim Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil geltend macht und in Kauf nimmt, auch beim Tod des zuletzt versterbenden Elternteils nur noch den Pflichtteil zu erhalten.
Welche Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung und der Mediation gibt es?
Vergleichsverhandlungen
Lassen Sie sich wegen der Komplexität des Pflichtteilsrechts anwaltlich vertreten, sollte das Ziel darauf ausgerichtet sein, durch direkte Verhandlungen mit dem Erben oder dessen Anwalt eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Ein Vergleich kann flexibel gestaltet werden und ermöglicht es den Parteien, individuelle Lösungen zu finden. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind meist kostenträchtig, zeitaufwendig und emotional belastend.
Mediation
Möchten Sie die gerichtliche Auseinandersetzung nach Möglichkeit vermeiden, bietet sich auch eine Mediation an. Bei der Mediation hilft ein neutraler Mediator den Parteien, eine einvernehmliche Lösung zu finden und Konflikte zu lösen, ohne vor Gericht gehen zu müssen.
Diese Methode ist nützlich, um familiäre Beziehungen zu erhalten und eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden. Als Mediatoren kommen Anwälte in Betracht, insbesondere solche, die auf Erbrecht spezialisiert sind. Möchten Sie sich von einem Anwalt vertreten lassen oder haben den Anwalt bereits beauftragt, kann der Anwalt als Ihr Interessenvertreter nicht als neutraler Mediator tätig werden, kann aber oft einen Mediator empfehlen, mit dem er bereits zusammengearbeitet hat.
Was tun, wenn nicht feststeht, wer Erbe ist?
Problematisch ist in der erbrechtlichen Praxis oft, wer überhaupt Erbe des Erblassers worden ist. Steht der Erbe nicht fest, wissen Sie als Pflichtteilsberechtigter nicht, an wen Sie Ihren Wunsch auf Auskunft und Erstellung eines Nachlassverzeichnisses richten sollen. Grund hierfür kann sein, dass
- der Erbe unbekannten Aufenthalts ist,
- das Testament des Erblassers und die darin befindliche Bestimmung des Erben inhaltlich unklar erscheint,
- die Testierfähigkeit des Erblassers im Zweifel steht oder
- das Testament von anderen vermeintlichen Erben angefochten wird.
Möchten Sie Ihren Pflichtteilsanspruch dennoch realisieren, gibt es keinen Ansprechpartner, mit dem Sie außergerichtlich über Ihren Pflichtteilsanspruch verhandeln könnten.
Diese Lücke findet im Gesetz eine Regelung. Es empfiehlt sich, zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche beim Nachlassgericht zu beantragen, dass das Gericht einen Nachlasspfleger bestellt (§ 1961 BGB). Das Nachlassgericht überträgt dem Nachlasspfleger die Aufgabe, den Pflichtteilsprozess in Vertretung für den derzeit noch unbekannten Erben oder die Erbengemeinschaft zu führen. Sie könnten Ihren Anspruch also gegen den gerichtlich bestellten Nachlasspfleger richten und mit dem Nachlasspfleger über Ihren Pflichtteilsanspruch verhandeln.
- Holen Sie sich Ihr Recht: Eine Enterbung ist in Deutschland nahezu unmöglich. Nur bei schweren Straftaten gegen den Erblasser oder einem notariellen Erbverzicht ist eine Enterbung möglich.
- Ohne Kostenrisiko: Mit Erbfinanz als Prozessfinanzierer brauchen Sie keine Angst vor wirtschaftlich stärkeren Erben haben – mein Partner trägt sämtliche Kosten des Rechtsstreits.
- Freie Anwaltswahl: Sie können sich Ihren Anwalt frei aussuchen – vorausgesetzt es ist ein Fachanwalt für Erbrecht. Gerne können Sie Erbfinanz auch nach Empfehlungen fragen.
Was tun, wenn der Erbe Auskunft und Nachlassverzeichnis verweigert?
Weigert sich der Erbe Auskunft zu geben und/oder ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, werden Sie Ihren Pflichtteilsanspruch gerichtlich geltend machen müssen. Zuständig sind die Zivilgerichte, nicht das Nachlassgericht. Die Zivilprozessordnung sieht hierfür die sogenannte Stufenklage vor.
- In einer ersten Stufe richten Sie Ihre Klage gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft oder den gerichtlich bestellten Nachlasspfleger auf Auskunftserteilung durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses in privater oder notarieller Form. Gegebenenfalls kann die Klage mit dem Antrag verbunden werden, ein Wertgutachten zu einzelnen Nachlassgegenständen einzuholen.
- Wurde das Nachlassverzeichnis erstellt, kann in der zweiten Stufe des gerichtlichen Verfahrens vorsorglich beantragt werden, dass der Erbe die erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern hat, sofern die Annahme besteht, dass die Auskünfte unvollständig oder inhaltlich falsch sein sollten.
- Wurde das Nachlassverzeichnis letztlich erstellt und die Nachlasswerte ermittelt, ist in der dritten Stufe des gerichtlichen Verfahrens konkret zu beziffern, in welcher Höhe der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird.
Welche Fristen sind beim Pflichtteilsanspruch zu berücksichtigen?
Der Pflichtteilsanspruch ist mit dem Tod des Erblassers sofort fällig. Sind Sie pflichtteilsberechtigt, könnten Sie sofort die Zahlung des Pflichtteils verlangen oder zur Bezifferung Ihres Pflichtteils Auskunft vom Erben und die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses verlangen. Sie brauchen nicht abzuwarten, bis der Erbe den Nachlass vollständig in Besitz genommen oder die Erbengemeinschaft den Nachlass unter sich aufgeteilt hat. Sie sollten aber folgende Fristen berücksichtigen:
Verjährungsfrist
Der Pflichtteilsanspruch verjährt in der Regel drei Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem der Erbfall eingetreten ist und der Pflichtteilsberechtigte von seinem Anspruch Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 195 BGB). Das bedeutet, dass die Frist am 31. Dezember des Jahres beginnt, in dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis erlangt hat. Die Frist endet drei Jahre später.
Es ist wichtig, dass der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall und seiner Enterbung hat oder Kenntnis hätte haben müssen. Ohne diese Kenntnis beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen.
Maximale Verjährungsfrist
Unabhängig von der Kenntnis beträgt die absolute Verjährungsfrist 30 Jahre ab dem Erbfall. Das bedeutet, dass der Anspruch spätestens 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers verjährt, unabhängig davon, ob der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall hatte oder nicht.
Verjährung Pflichtteilsergänzungsanspruch
Hat der Erblasser eine Schenkung vorgenommen und damit den Nachlass und den Pflichtteil geschmälert, verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten unabhängig von einer Kenntnis oder einem Kennen müssen in drei Jahren (§ 2332 BGB).
Verzugszinsen
Kommt der Erbe oder die Erbengemeinschaft mit der Erteilung der Auskunft und Erstellung des Nachlassverzeichnisses oder der Zahlung des Pflichtteils in Verzug, kann der Pflichtteilsberechtigte Verzugszinsen verlangen. Der Anspruch ist dann nach gesetzlicher Maßgabe zu verzinsen.
Stundung des Pflichtteilsanspruchs
Der Erbe hat nicht immer und sofort die Möglichkeit, den Pflichtteil auszahlen. Soweit der Pflichtteil in Bargeld auszuzahlen ist, fehlt oft die Liquidität. Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einer Immobilie oder einem Unternehmen, kann der Erbe gezwungen sein, die Immobilie unter Wert zu verkaufen oder das Unternehmen zu zerschlagen, nur um den Pflichtteil auszahlen zu können.
Begründet die sofortige Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs wegen der Art der Nachlassgegenstände eine „unbillige Härte“, kann der Erbe ausnahmsweise die Stundung des Pflichtteils verlangen (§ 2331a BGB). Dies gilt insbesondere, wenn das Familienheim oder ein Wirtschaftsgut betroffen ist, das für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet.
Was gilt bei einer Pflichtteilsklausel?
Eltern und Ehegatten setzen sich im gemeinschaftlichen Testament (Ehegattentestament) meist gegenseitig als alleiniger Erbe des zuerst verstorbenen Partners ein. Diese gegenseitige Einsetzung als alleiniger Erbe bedeutet gleichzeitig, dass die Kinder enterbt werden, wenn ein Elternteil stirbt.
Besteht der Nachlass überwiegend aus Sachwerten und fehlt es an Bargeld, kann der durch die Enterbung entstehende Pflichtteilsanspruch der Kinder zu Liquiditätsprobleme führen und (ungeachtet der Möglichkeit der Stundung der Zahlungsverpflichtung) zur Folge haben, dass der überlebende Elternteil beispielsweise das Familienheim verkaufen muss.
Um zu vermeiden, dass dem überlebenden Elternteil die Lebensgrundlage für den Alter- und Pflegefall entzogen wird, können Eltern zu Lebzeiten versuchen, mit den Kindern einen Pflichtteilsverzicht, gegebenenfalls gegen Zahlung einer Abfindung, zu vereinbaren. Sind die Kinder nicht bereit, auf ihren Pflichtteil zu verzichten, empfiehlt sich die Aufnahme einer Pflichtteilsklausel (Strafklausel) in das gemeinschaftliche Testament.
Im Regelfall hat die Klausel den Inhalt, dass ein Kind, das beim Tod des zuerst verstorbenen Elternteils den Pflichtteil geltend macht, auch beim Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils nur noch den Pflichtteil erhält. Oder umgekehrt: Verzichtet das Kind beim Tode des zuerst verstorbenen Elternteils auf den Pflichtteil, erhält es beim Tode des zuletzt versterbenden Elternteils den vollen Erbteil. Neben einer Abschreckungsfunktion hat eine solche Pflichtteilsklausel also auch einen Belohnungscharakter.
Was kostet ein Pflichtteilsprozess?
Sind Sie darauf angewiesen, den Pflichtteil gerichtlich geltend zu machen, fallen Kosten an, die Sie zunächst aus eigener Tasche bezahlen müssen.
- Gerichtskosten: Diese richten sich nach dem Streitwert, der in einem Pflichtteilsprozess in der Regel dem Wert des geforderten Pflichtteils entspricht. Die Gerichtskosten werden nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) berechnet. Soweit Sie als Kläger auftreten, müssen Sie wegen der Kostenvorlage treten.
- Anwaltskosten: Auch die Anwaltskosten richten sich nach dem Streitwert und werden nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet. Es ist üblich, dass beide Parteien jeweils ihre eigenen Anwaltskosten tragen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Beträgt der Streitwert bis 5000 €, sind die Amtsgerichte zuständig, ab 5000,01 € die Landgerichte.
- Gutachterkosten: Muss ein Sachverständiger den Wert des Nachlasses oder den Wert einzelner Nachlassgegenstände ermitteln, fallen Kosten an. Auch wenn die Kosten letztlich zu Lasten des Nachlasses gehen, müssen Sie als Kläger in Vorlage treten.
Fazit zur Einforderung des Pflichtteils
Auch wenn das Pflichtteilsrecht nicht wirklich komplex ist, sollten Sie auf anwaltliche Hilfe nicht verzichten. Nur eine Argumentation, die die Sachlage richtig erfasst und die Rechtslage kompetent bewertet, gewährleistet, dass Sie Ihr Pflichtteilsrecht gegenüber einem Erben konstruktiv und zielführend durchsetzen können.