Pflichtteil

Berechnung Pflichtteil: Wer muss bezahlen und wieviel?

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Sind Sie durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers „enterbt“, haben Sie als gesetzlicher Erbe dennoch Anspruch auf den Pflichtteil. Das Pflichtteilsrecht gewährleistet, dass Sie als naher Angehöriger des Erblassers am Nachlass teilhaben. Ich erläutere, welche Aspekte wichtig sind, wenn Sie Ihren Pflichtteil geltend machen.

  • Pflichtteilsberechtigung prüfen: Sie sind pflichtteilsberechtigt, wenn Sie ein gesetzlicher Erbe sind, aber durch ein Testament oder einen Erbvertrag zugunsten einer anderen Person enterbt wurden. Dies gilt insbesondere für Kinder, Ehepartner und Eltern des Verstorbenen, während entferntere Verwandte wie Geschwister oder Lebensgefährten keinen Anspruch haben.
  • Pflichtteilsanspruch durchsetzen: Ihr Pflichtteilsanspruch richtet sich gegen den oder die Erben und muss in Geld erfüllt werden. Sie haben das Recht, Auskunft über den Nachlass zu verlangen, um den Wert Ihres Pflichtteils zu ermitteln. Wenn der Nachlass aufgebraucht ist, kann der Erbe in bestimmten Fällen mit seinem privaten Vermögen haften.
  • Besonderheiten und Risiken: Der Pflichtteil kann durch Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten beeinflusst werden, die auf den Pflichtteil angerechnet werden. In finanziellen Engpässen kann der Erbe Ratenzahlungen oder eine Stundung des Pflichtteilsanspruchs beantragen, um wirtschaftliche Härten, wie den Verlust des Familienheims, zu vermeiden.


Dr. Stephan Seitz
Hier schreibt Dr. jur. Stephan Seitz

Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf.
 
Bitte beachten Sie meine rechtlichen Hinweise für diese Webseite. Der Inhalt dient ausschließlich der allgemeinen Information und Bildung sowie zur Unterhaltung. Für eine verbindliche Auskunft wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder vergleichbaren Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet.

Sind Sie pflichtteilsberechtigt?

Sie sind pflichtteilsberechtigt, wenn Sie gesetzlicher Erbe sind und der Erblasser in einem Testament oder in einem Erbvertrag bestimmt hat, dass eine andere Person Erbe werden soll. Dann sind Sie als gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen.

Als gesetzlicher Erbe sind Sie pflichtteilsberechtigt, wenn Sie ein eheliches, nichteheliches oder adoptiertes Kind oder Kindeskind des Erblassers sind, mit dem Erblasser verheiratet waren oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebten (§ 2303 BGB). Hinterlässt der Erblasser keine Nachkommen oder sind die Nachkommen bereits zuvor verstorben, haben auch die Eltern des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch.

Nicht pflichtteilsberechtigt sind entferntere Verwandte. Dazu gehören die Geschwister des Erblassers, Onkel, Tanten, Neffen und Nichten, aber auch der nichteheliche Lebenspartner (Lebensgefährte).

Voraussetzung für den Pflichtteilsanspruch ist zudem, dass Sie auch erbberechtigt wären. Sind Sie beispielsweise Elternteil des Erblassers und hinterlässt der Erblasser eigene Kinder, erben folglich die Kinder als Erben erster Ordnung und schließen Sie als Elternteil des Erblassers als Erben zweiter Ordnung von der gesetzlichen Erbfolge aus. Damit besteht auch kein Pflichtteilsanspruch.

Kein Pflichtteil zu Lebzeiten: Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht erst mit dem Tod des Erblassers (§ 2317 BGB). Auch als gesetzlicher Erbe haben Sie kein Recht, dass der Erblasser bereits zu Lebzeiten den Pflichtteil auszahlt. Ungeachtet dessen bleibt es dem Erblasser unbenommen, Ihnen bereits zu Lebzeiten Schenkungen zukommen zu lassen oder Sie im Testament mit einem Vermächtnis zu bedenken. Zudem ist der Pflichtteil vererblich und übertragbar.

Wer bezahlt den Pflichtteil?

Sind Sie pflichtteilsberechtigt, richtet sich der Pflichtteilsanspruch an diejenige Person, die der Erblasser als Erbe bestimmt hat.

Wurden mehrere Personen als Erbe bestimmt, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Dann ist die Erbengemeinschaft Ihr Ansprechpartner. Im Regelfall werden Sie Ihren Anspruch gegenüber der gesamten Erbengemeinschaft geltend machen, nicht nur gegen einen einzelnen Erben. Da die Miterben den Pflichtteil aber als Gesamtschuldner schulden und jeder für sich allein haftet, steht es in Ihrem Ermessen, von jedem Miterben den Pflichtteil zu 100 % oder nur zum Teil einzufordern. Unter den Miterben regelt sich der Ausgleich nach dem Verhältnis ihrer Erbteil. Da der Pflichtteil aus dem Nachlass bezahlt wird, empfiehlt sich, den Pflichtteilsanspruch gegenüber allen Miterben als Erbengemeinschaft geltend zu machen.

Praxis-Tipp: Pflichtteil ist Nachlassverbindlichkeit Der Pflichtteil ist aus dem Nachlass zu bezahlen. Hat der Erbe den Nachlass aufgebraucht, haftet er ausnahmsweise mit seinem privaten Vermögen, sofern er den Nachlass schuldhaft verschwendet hat. Der Pflichtteil gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten. Das bedeutet, dass der Erbe verpflichtet ist, den Pflichtteil aus dem Nachlass zu begleichen, bevor er den Rest des Erbes für sich beanspruchen kann. Ist der Nachlass von vornherein nicht werthaltig, läuft der Pflichtteilsanspruch ins Leere.

Wie ist der Pflichtteilsanspruch zu erfüllen?

Als pflichtteilsberechtigter Erbe sind Sie nicht mehr am Nachlass beteiligt. Sie werden neben anderen Erben nicht Miterbe und nicht Teil der Erbengemeinschaft. Sie haben lediglich einen Geldanspruch gegen den oder die Erben. Sie haben aber keinen Anspruch darauf, am Nachlass teilzuhaben und können nicht verlangen, dass Sie bei der Auseinandersetzung des Nachlasses beteiligt oder bestimmte Wertgegenstände aus dem Nachlass übereignet werden. Sie haben nur das Recht, dass der Pflichtteil in Form von Bargeld bezahlt wird. Ungeachtet dessen bleibt es Ihnen unbenommen, in Verhandlungen mit dem oder den Erben zu vereinbaren, dass statt Bargeld bestimmte Wertgegenstände übereignet werden.

Beispiel: Ihr Pflichtteilsanspruch berechnet sich mit 10.000 €. Erscheint Ihnen wichtiger, dass Sie die Briefmarkensammlung des Erblassers erhalten, könnten Sie mit dem Erben oder der Erbengemeinschaft verhandeln, statt Bargeld die wertmäßig vergleichbare Briefmarkensammlung zu übereignen. Dies liegt aber in der Entscheidungshoheit der Erben.
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Wie wird die Pflichtteilsquote berechnet?

Der Pflichtteilsanspruch beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Es muss also immer erst festgestellt werden, wie hoch der gesetzliche Erbteil wäre. Der Erbteil ist wiederum davon abhängig, wie viele Erbberechtigte vorhanden sind und welche erbrechtliche Position diese haben (Erben 1./2. … Ordnung).

Bei der Berechnung des Personenkreises wird mitgezählt, wer das Erbe ausgeschlagen hat, wer enterbt wurde oder wer für erbunwürdig erklärt wurde. Mitgezählt wird auch, wer auf seinen Pflichtteil, nicht aber auf seinen Erbteil, verzichtet hat. Daraus ergibt sich: Je mehr Erben vorhanden sind, umso geringer ist der gesetzliche Erbteil und damit auch der Pflichtteil des Pflichtteilsberechtigten.

Nicht mitgezählt wird hingegen, wer auf sein Erbrecht verzichtet hat. Grund ist, dass ein Erbverzicht in der Regel gegen eine finanzielle Abfindung erfolgt und dieser Erbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers berücksichtigt wurde.

Beispiel: Hans Müller hinterlässt vier Kinder. Per Testament bestimmt er seinen ältesten Sohn Thomas zum alleinigen Erben. Seinem Sohn Kurt hat er ein Ferienhaus geschenkt. Deshalb hat Kurt auf sein Erbrecht verzichtet. Der dritte Sohn Dieter wurde für erbunwürdig erklärt, da er versucht hatte, das Testament des Vaters zu fälschen. Der vierte Sohn Franz soll, weil er außerehelich geboren wurde, nichts bekommen. Deshalb fordert Franz seinen Pflichtteil.

Da jedes Kind zu einem Viertel erbberechtigt wäre, beträgt die Pflichtteilsquote eines jeden Kindes ein Achtel, also die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von einem Viertel. Bei der Berechnung zählt Sohn Dieter wegen Erbunwürdigkeit mit, Kurt hingegen wegen seines Erbverzichts nicht. Für die Berechnung des Pflichtteils des enterbten Sohnes Franz werden also drei Kinder gezählt. Sein Pflichtteilsanspruch gegen den Bruder Thomas, der Alleinerbe wird, beträgt damit ein Sechstel, nämlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von einem Drittel.

Pflichtteil

Wie wird der Pflichtteilsanspruch berechnet?

Sind Sie pflichtteilsberechtigt, lässt sich der Pflichtteilsanspruch nur berechnen, wenn Sie darüber informiert sind, was zum Nachlass gehört und welchen Wert der Nachlass hat. Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie deshalb einen gesetzlich normierten Auskunftsanspruch (§ 2314 BGB). Der Erbe muss Sie darüber unterrichten, welche Nachlasswerte vorhanden sind. Dafür genügt ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände und der Nachlassverbindlichkeiten. Auch Schenkungen des Erblassers während der letzten zehn Jahre und Schenkungen an den Ehegatten gehören dazu, ebenso ausgleichs- und anrechnungspflichtige Zuwendungen an andere Pflichtteilsberechtigte.

Was ist der Zusatzpflichtteil?

Hinterlässt der Erblasser einem an sich pflichtteilsberechtigten Erben einen Vermögenswert, der im Wert unterhalb des Pflichtteilsanspruchs liegt, hat der Erbe Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil. Ähnlich ist die Situation, wenn der Erblasser Teile seines Vermögens zu Lebzeiten auf diejenige Person übertragen hat, die er als Wunscherben bestimmt hat. In beiden Fällen beschränkt das Gesetz die Verfügungsfreiheit des Erblassers und schützt die Interessen des Pflichtteilsberechtigten (§ 2305 BGB). Wer also im Testament bedacht ist, kann die Erbschaft annehmen und wird somit Erbe, kann aber zusätzlich von den Miterben den Ausgleichsbetrag bis zur Höhe seines Pflichtteils verlangen.

Beispiel: Hans Müller hinterlässt 120.000 € Bargeld. Per Testament setzt er seinen Sohn Thomas zu einem Fünftel und seinen Sohn Kurt aus erster Ehe zu vier Fünftel als Erben ein. Thomas und Kurt werden gemeinsam Erben. Die Beteiligung von Thomas am Nachlass beträgt 1/5 = 24.000 €. Da der Pflichtteil 30.000 € (die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von 60.000 €) betragen würde, hätte Thomas gegenüber Kurt Anspruch auf 6.000 € Zusatzpflichtteil. Thomas muss in diesem Fall die Erbschaft annehmen und kann dann zusätzlich den Zusatzpflichtteil geltend machen.

Wie wird der Nachlassbestand ermittelt?

Der Pflichtteilsanspruch hängt einerseits davon ab, wie viele Personen erbberechtigt sind und andererseits davon, wie werthaltig der Nachlass ist. Um den Nachlass zu bewerten, sind zunächst alle Vermögenswerte (Aktiva) zu bewerten. Danach werden die Verbindlichkeiten, die mit dem Nachlass verbunden sind, abgezogen (Passiva).

Soweit ein Vermögenswert streitig oder schwierig festzustellen ist, wird es häufig notwendig sein, den Wert durch Schätzung zu ermitteln. Ist keine Verständigung möglich, wird in aller Regel ein Sachverständigengutachten eingeholt. Um zu vermeiden, dass sich die Beteiligten auf unabsehbare Zeit streiten, empfiehlt es sich regelmäßig, sich möglichst einvernehmlich zu verständigen. Da sich die Gebühren für den Sachverständigen nach dem Wert des Vermögenswertes richten, vermeidet eine Verständigung auch den Anfall teils hoher Gebühren. Die Gebühren gehen zu Lasten des Nachlasses.

Was ist mit Vorempfängen?

Pflichtteilsergänzungsanspruch nach Schenkungen

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein Anspruch, den ein Pflichtteilsberechtigter geltend machen kann, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen gemacht hat, die den Pflichtteil des Berechtigten beeinträchtigen. Dieser Anspruch soll verhindern, dass der Erblasser durch großzügige Schenkungen den Pflichtteil aushöhlt.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet sich auf Basis des Wertes der Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers gemacht wurden. Dabei wird der Wert der Schenkung jährlich um 10 % reduziert, sodass nach zehn Jahren keine Ergänzung mehr erfolgt. Der Anspruch richtet sich ebenfalls gegen die Erben und kann zusätzlich zum regulären Pflichtteil geltend gemacht werden.

Anrechnung und Ausgleichung von Geschenken

Hat der Erblasser einem Pflichtteilsberechtigten bereits zu Lebzeiten Schenkungen zukommen lassen, kann er bestimmen, dass eine Schenkung auf den Pflichtteil angerechnet wird (§ 2315 BGB). Der Pflichtteilsanspruch des Beschenkten wird dadurch geringer. Zur Ausgleichung sind kraft Gesetzes nur Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel) verpflichtet. Um Streit unter den Erben zu vermeiden, sollte bei der Schenkung klar geregelt werden, ob sie anrechnungspflichtig sein soll oder nicht. Ist die Schenkung anrechnungspflichtig, wird das Geschenk dem Nachlass hinzugerechnet und der Pflichtteil aus dem erhöhten Nachlass errechnet.

Was passiert, wenn der Erbe nicht zahlen kann?

Der Pflichtteilsanspruch ist auf die Zahlung in Bargeld gerichtet. Er ist beim Tod des Erblassers sofort fällig und zahlbar. Verfügt der Zahlungspflichtige nicht über ausreichend Liquidität, kann er sich gezwungen sehen, Vermögenswerte aus dem Nachlass zu verkaufen. Erfolgt der Verkauf notgedrungen unter Wert, riskiert er wirtschaftliche Verluste. An der Pflichtteilsforderung ändert dies aber nichts. Statt eines sofortigen Verkaufs könnten sich Pflichtteilsberechtigter und Erbe auch auf Ratenzahlungen oder die Stundung des Betrages verständigen.

Beispiel: Hans Müller hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Seine Ehefrau hat er zur Alleinerbin eingesetzt, mit der Folge, dass die Kinder enterbt und auf den Pflichtteil gesetzt sind. Sein Vermögen besteht ausschließlich aus dem Familienwohnhaus mit einem Wert von 300.000 €. Da die Kinder neben der Ehefrau die Hälfte des Vermögens erben, beträgt der Pflichtteil jeweils 75.000 €. Fordern die Kinder ihren Pflichtteil, kann es sein, dass Frau Müller das Haus nicht weiter halten kann und es verkaufen muss. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, als die Ehefrau ihren Lebensabend in dem Haus verbringen wollte und möglicherweise trotz ihres Alters sich einen Umzug zumuten müsste.

Lösung des Problems: Um den Erben nicht in Schwierigkeiten zu bringen, kann der Erbe die Stundung verlangen. Die Stundung des Pflichtteilsanspruchs ist möglich, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs den Erben unbillig hart treffen würde. Die Stundung soll laut Gesetz vornehmlich den Verlust des Familienheims verhindern, ebenso die Veräußerung eines Betriebs, der die Lebensgrundlage für den Erben darstellt (§ 2331a BGB).

Können sich die Beteiligten über die Stundung nicht verständigen, kann der Erbe die Entscheidung durch das Nachlassgericht beantragen. Das Gericht prüft, welche Auswirkungen eine Stundung auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflichtteilsberechtigten hat und inwieweit das berechtigte Interesse des Erben besteht, den Pflichtteilsanspruch zu stunden. Das Gericht kann die Stundung ganz oder teilweise genehmigen, Ratenzahlungen bewilligen und die Verzinsung des gestundeten Betrages anordnen. Auf Antrag des Pflichtteilsberechtigten ordnet das Gericht auch eine Sicherheitsleistung an (§ 2331a BGB).


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