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Digitalen Nachlass regeln: So sichern Sie Konten & Daten

Foto Dr. Stephan Seitz
Autor: , Jurist aus München
Zuletzt aktualisiert: 16. August 2025
Ihre Lesezeit: 8 Minuten
               
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Icon Digitaler Nachlass Die schnelle Antwort

Digitaler Nachlass

  • Erfassen Sie alle Online-Konten systematisch. Legen Sie eine Liste mit Anbieter, E‑Mail, Benutzernamen, Hinweisen zu Passwörtern, Sicherheitsfragen und gewünschter Handhabung im Todesfall an. Diese Übersicht ermöglicht Erben schnellen Zugriff und verhindert Streit.
  • Bewahren Sie Zugangsdaten sicher, aber niemals im Testament auf. Nutzen Sie einen Passwortmanager mit Notfallzugang, einen verschlüsselten Datentresor oder ein Bankschließfach für Masterpasswort und Seed Phrase. So bleiben Konten zugänglich, ohne Missbrauchsrisiko zu schaffen.
  • Erben haben grundsätzlich Anspruch auf digitale Kontodaten, aber mit praktischen Grenzen. Gericht und Gesetz erkennen diesen Anspruch an, doch Anbieter verlangen meist Sterbeurkunde und Erbschein und geben oft nur Datenkopien heraus. Streamingdienste oder digitale Medien sind aufgrund höchstpersönlicher Nutzungsrechte meist nicht übertragbar.
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Digitaler Nachlass – Definition und Bestandteile

Ein digitaler Nachlass umfasst sämtliche Online-Konten, digitalen Vermögenswerte und Geräte, die eine verstorbene Person hinterlässt. Dazu gehören E-Mails, Social-Media-Profile, Zahlungsdienste oder Cloud-Daten. Ohne rechtzeitige Vorsorge entstehen erhebliche Probleme, weil Zugänge fehlen oder Anbieter nur nach Vorlage von Erbschein handeln.

Welche digitalen Werte gehören zum Nachlass?

Zum digitalen Nachlass zählen E-Mail-Konten, Social-Media-Profile, Zahlungsdienste, Cloud-Speicher, Gaming-Accounts und Geräte. Rechtlich gehören sie zur Erbmasse, praktisch sind sie aber nur mit Zugangsdaten oder Vollmachten erreichbar. Dadurch wird das digitale Erbe für Erben oft zur Herausforderung.

Ohne Zugangsdaten bleiben digitale Werte oft unerreichbar. Erben riskieren den Verlust wichtiger Daten oder Guthaben, wenn das digitale Erbe nicht dokumentiert wurde.

Die wichtigsten Kategorien digitaler Nachlasswerte sind:

  • E-Mail & Messenger: Gmail, Outlook, GMX, WhatsApp, Signal.
  • Soziale Netzwerke: Facebook, Instagram, TikTok, LinkedIn.
  • Cloud & Geräte-Ökosysteme: Google Drive, Apple iCloud, Microsoft OneDrive.
  • Kundenkonten & Zahlungsdienste: Amazon, PayPal, eBay.
  • Streaming & Gaming: Netflix, Spotify, Steam, Nintendo.
  • Eigene Web-Assets: Domains, Blogs, Websites.
  • Geräte & Datenträger: Smartphones, Notebooks, USB-Sticks.
  • Smart-Home & E-Books: Tolino, Adobe-ID, smarte Geräte.

Ein typischer digitaler Nachlass umfasst ein GMX-Mailkonto, ein Facebook-Profil im Gedenkzustand, ein Amazon-Konto mit Prime-Abo und ein Bitcoin-Wallet.

Digitales Erbe in der Erbengemeinschaft: Vorsorge verhindert Probleme

Ein digitales Erbe betrifft in der Erbengemeinschaft alle Miterben. Sie treten gemeinschaftlich in Verträge des Verstorbenen ein und müssen einheitlich handeln. Anbieter verlangen fast immer Erbschein und Sterbeurkunde, sodass sich die Erbengemeinschaft abstimmen muss.

Ohne klare Vorsorge kommt es schnell zu Konflikten: Soll ein Profil gelöscht oder in den Gedenkzustand versetzt werden? Wer kontaktiert den Support? Studien zeigen, dass bis 2025 weltweit mehr als 60 Millionen Facebook-Profile verstorbener Nutzer bestehen – ein Beispiel für die Dimension verwaister digitaler Nachlässe.

Im BGH-Urteil von 2018 erstritten Eltern Zugang zum Facebook-Account ihrer Tochter. Sie galten als Erben, doch der Anbieter verweigerte den Zugang bis zur Gerichtsentscheidung.

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Digitales Erbe vorbereiten – Passwörter, Konten und Vollmachten

Wer seinen digitalen Nachlass vorbereitet, erleichtert Erben den Zugriff und verhindert Streit. Dazu gehören eine vollständige Liste aller Konten, eine sichere Passwortverwaltung, rechtliche Vollmachten sowie klare testamentarische Vorgaben. So bleibt das digitale Erbe handhabbar und geschützt.

Liste aller Online-Konten erstellen

Eine Übersicht aller Zugänge ist der erste Schritt zur Vorsorge. Sie sollte Anbieter, E-Mail, Benutzername, Hinweise zu Passwörtern, Sicherheitsfragen und die gewünschte Handhabung im Todesfall enthalten. Diese Liste macht den digitalen Nachlass transparent.

  • Recherche: Im E-Mail-Postfach nach Registrierungen suchen.
  • Struktur: Tabelle mit Anbieter, Nutzername, Mailadresse und Vermerken.
  • Pflege: Aktualisierung mit Datum dokumentieren.

Mit einer SeaTable-Vorlage lässt sich eine strukturierte Kontenliste anlegen. Sie zeigt alle Online-Konten übersichtlich in einer Datenbank.

Richten Sie im Mailpostfach einen Ordner „Nachlass“ ein. Dort abgelegte Registrierungs- und Vertragsmails halten die Übersicht aktuell.

Passwörter sicher hinterlegen und verwalten

Passwörter dürfen nicht offen notiert oder im Testament stehen. Sicher sind Passwortmanager mit Notfallzugriff, verschlüsselte Datentresore oder versiegelte Dokumente beim Notar. So bleibt das digitale Erbe für Erben zugänglich, ohne Sicherheitsrisiken zu schaffen.

  • Passwortmanager: Programme wie Bitwarden oder 1Password speichern Daten sicher.
  • Notfallkontakt: Vertrauensperson erhält Zugriff nach definierter Wartezeit.
  • Datentresor: Verschlüsselte Datei oder USB im Schließfach hinterlegen.

Das 1Password-Notfallkit erlaubt es, nur das Master-Passwort einzutragen. Hinterlegt im Tresor, erhalten Erben bei Bedarf Zugriff auf alle Konten.

Schreiben Sie keine Passwörter ins Testament. Da es vervielfältigt wird, wäre das ein erhebliches Missbrauchsrisiko.

Vollmacht für digitale Konten formulieren

Eine Vollmacht erlaubt einer Vertrauensperson, digitale Konten zu verwalten. Möglich ist eine transmortale Vollmacht (ab sofort gültig) oder eine postmortale Vollmacht (wirkt erst nach dem Tod). Damit wird das digitale Erbe rechtlich abgesichert.

Die Vollmacht sollte schriftlich sein und Online-Profile, Cloud-Speicher, Abonnements und Geräte umfassen. Passwörter gehören nicht in den Text, sondern werden separat verwahrt.

„Hiermit bevollmächtige ich Frau X, in allen Angelegenheiten meines digitalen Nachlasses zu handeln, insbesondere gegenüber Online-Diensten und Providern.“

Digitales Erbe im Testament regeln

Im Testament sollten keine Zugangsdaten stehen, wohl aber Anordnungen zum Umgang mit Konten. Möglich ist die Benennung eines Testamentsvollstreckers für den digitalen Nachlass oder die Zuweisung von Aufgaben an bestimmte Erben.

  • Wünsche: Profile löschen, Gedenkstatus einrichten oder Daten übergeben.
  • Zuständigkeit: Klären, welcher Erbe oder Testamentsvollstrecker Aufgaben übernimmt.
  • Datenschutz: Anordnen, welche Inhalte zu löschen sind.

„Mein Neffe soll als digitaler Nachlassverwalter meine Social-Media-Profile löschen und Fotos an die Familie übergeben.“

Digitalen Nachlassverwalter bestimmen

Ein digitaler Nachlassverwalter ist eine Vertrauensperson, die alle Online-Angelegenheiten koordiniert. Sie sorgt dafür, dass Daten gesichert, Konten gekündigt und Wünsche umgesetzt werden. Gerade in einer Erbengemeinschaft verhindert das Konflikte.

Die Ernennung erfolgt im Testament oder in einer Vollmacht. Empfehlenswert ist eine Person mit technischem Verständnis, deren Rolle allen Erben bekannt ist.

Besprechen Sie die Wahl des Nachlassverwalters mit allen Miterben. Transparenz verhindert späteren Streit in der Erbengemeinschaft.

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Digitaler Nachlass bei Online-Diensten – Google, Apple, Facebook & Co.

Große Anbieter haben eigene Verfahren für den digitalen Nachlass. Wer Nachlasskontakte einrichtet oder die Regeln kennt, erspart Erben langwierige Prüfungen. Ohne Vorsorge bleibt das digitale Erbe schwer zugänglich – selbst wenn die Erbfolge eindeutig ist.

Google & Apple: Nachlasskontakte einrichten

Google und Apple bieten Vorsorgefunktionen für den digitalen Nachlass. Mit dem Google-Inaktivitätsmanager oder Apple Digital Legacy lassen sich Kontakte benennen, die nach Fristen Zugriff auf Daten erhalten. So bleibt das digitale Erbe geordnet.

  • Google: Inaktivitätsmanager mit 3–18 Monaten Frist, bis zu 10 Kontakte.
  • Apple: Digital Legacy mit Nachlasskontakt und Zugriffsschlüssel.
  • Ohne Vorsorge: Erben müssen Nachweise einreichen, oft gibt es nur Datenkopien.

Ein Vater benennt seine Tochter als Kontakt im Google-Inaktivitätsmanager. Nach 6 Monaten Inaktivität erhält sie Zugriff auf Fotos und Mails. Stellen Sie kurze Fristen ein und prüfen Sie Einträge regelmäßig. Nur so bleibt die Vorsorge wirksam.

Facebook, Instagram & Co.: Gedenkzustand statt Zugang

Soziale Netzwerke erlauben Erben in der Regel keinen Login. Stattdessen können Konten gelöscht oder in den Gedenkzustand versetzt werden. Das betrifft insbesondere Facebook, Instagram, LinkedIn und TikTok.

  • Facebook/Instagram: Nachlasskontakt für Gedenkstatus, kein Passwortzugang.
  • LinkedIn/TikTok: Gedenkstatus oder Löschung auf Antrag.
  • WhatsApp: Konto löscht sich nach längerer Inaktivität automatisch.

Beispiel: Angehörige versetzen ein Instagram-Konto in den Gedenkzustand. Fotos bleiben sichtbar, neue Inhalte können nicht gepostet werden.

E-Mail- und Cloud-Konten: Zugriff erhalten und Kontoschließung

E-Mail- und Cloud-Konten sind oft Schlüssel zum digitalen Nachlass. Erben benötigen Nachweise wie Sterbeurkunde und Erbschein. Manche Anbieter löschen Konten nach Monaten Inaktivität automatisch, was zu Datenverlust führen kann.

AnbieterWegNachweiseBesonderheit
GMX/Web.deZugriff oder Löschung auf AntragSterbeurkunde, ErbscheinFreemail wird nach Inaktivität geleert
Telekom MailZugriff abhängig vom VertragsstatusKundendaten + NachweiseReine Freemail selten zugänglich
MicrosoftSupport-Anfrage, DatenauszugSterbeurkunde, ErbscheinSchließung nach 2 Jahren Inaktivität
Amazon/PayPalSupport-Kontakt, Konto schließenSterbeurkunde, ggf. ErbscheinKäufe oft nicht übertragbar

Kryptowährungen sind wertlos ohne Private Key oder Seed Phrase – fehlen diese, sind die Werte unwiederbringlich verloren. Bewahren Sie Recovery‑Seeds getrennt vom Testament an einem sehr sicheren Ort auf (Bankschließfach, verschlüsselte Hardware‑Wallet) und hinterlegen Sie klaren, schriftlichen Zugangshinweis bei einer vertrauenswürdigen Person oder dem Testamentsvollstrecker mit technischem Verständnis. Dokumentieren Sie die Aufbewahrungsorte und das Vorgehen zur Schlüsselübergabe, damit finanzielle Vermögenswerte nicht zufällig verfallen.

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Persönlicher Experten-Tipp von Dr. Stephan Seitz

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Digitales Erbe antreten – Rechte und Grenzen für Erben

Das digitale Erbe ist Teil des Nachlasses und geht rechtlich auf die Erben über. Sie treten in laufende Verträge ein und dürfen Konten abwickeln. Doch nicht jedes digitale Gut ist frei nutzbar: Anbieter verweigern oft den Login, urheberrechtliche Schranken gelten weiter und das postmortale Persönlichkeitsrecht setzt klare Grenzen.

Rechtslage: Haben Erben Anspruch auf Kontozugang?

Laut BGH-Urteil von 2018 (Az. III ZR 183/17) und § 4 TDDDG von 2024 ist eindeutig: Digitale Nutzungsverträge sind vererbbar. Erben haben somit Anspruch auf Zugang zu E-Mails, Social-Media-Konten und Cloud-Speichern. Anbieter dürfen den Zugriff nicht mit Hinweis auf Datenschutz oder Telekommunikationsgeheimnis verweigern.

  • BGH 2018: Urteil im „Facebook-Fall“: Nutzungsverträge sind Teil des Erbes.
  • § 4 TDDDG: Seit Mai 2024 gesetzlich geregelt, Anbieter müssen kooperieren.
  • Praxis: Erbschein und Sterbeurkunde sind fast immer erforderlich.

Anspruch bedeutet nicht automatisch Login. Häufig geben Anbieter nur Datenkopien heraus – Verfahren dauern oft Monate.

Account-Nutzung durch Erben – Was ist erlaubt?

Erben dürfen Konten sichern, kündigen oder Daten exportieren. Eine aktive Weiternutzung – etwa Streaming, Online-Shopping oder Gaming – ist rechtlich problematisch. Viele Anbieter sehen ihre Verträge als höchstpersönlich an und beenden sie mit dem Tod des Kunden.

  • Streaming: Netflix und Spotify dürfen nicht weiter genutzt werden.
  • Gaming: Steam-Accounts sind laut AGB nicht vererbbar; Gerichte haben noch nicht entschieden.
  • E-Books/Musik: Amazon Kindle und iTunes gewähren nur Nutzungsrechte, keine Eigentumsübertragung.

Sichern Sie Inhalte lokal, statt Accounts dauerhaft weiterzuführen. So bleiben Erinnerungen erhalten, ohne gegen Vertragsbedingungen zu verstoßen.

Postmortales Persönlichkeitsrecht

Auch nach dem Tod schützt das Recht die Persönlichkeit. Erben dürfen Accounts nur zur Abwicklung verwenden, nicht zur aktiven Weiterführung. Eine missbräuchliche Nutzung – etwa neue Posts im Namen des Verstorbenen – verletzt das postmortale Persönlichkeitsrecht.

  • Keine Täuschung: Beiträge im Namen des Verstorbenen sind unzulässig.
  • Datenschutz: Private Nachrichten dürfen nicht veröffentlicht werden.
  • Abwicklung erlaubt: Daten sichern, Profile löschen oder in Gedenkzustand versetzen.

Kryptowährungen im digitalen Nachlass

Kryptowährungen gehören zum digitalen Nachlass, sind aber nur mit Private Key oder Seed Phrase zugänglich. Ohne diese Daten sind Bitcoins, Ethereum oder NFTs unwiederbringlich verloren. Exchanges wie Coinbase oder Binance gewähren Zugriff nur nach Vorlage von Erbschein und Sterbeurkunde.

Vermögenswert Zugang nötig Besonderheit
Wallet (Hardware/Software) PIN, Seed Phrase Ohne Schlüssel bleibt Guthaben für immer gesperrt
Exchange (z. B. Coinbase) Erbschein, Sterbeurkunde Support prüft Nachlassunterlagen und überträgt Guthaben
NFTs Wallet-Zugang Gleiche Risiken wie bei Kryptowährungen

Ein Erblasser hinterlegt den Recovery-Seed seines Wallets im Bankschließfach. Dadurch konnten die Erben alle Bitcoins problemlos übernehmen.

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Digitalen Nachlass abwickeln – Geräte sichern, Konten löschen

Nach dem Todesfall müssen Erben den digitalen Nachlass aktiv abwickeln. Dazu gehören das Sichern von Geräten, das Auslesen wichtiger Daten und die Kündigung von Online-Verträgen. Ein geordnetes Vorgehen spart Kosten, verhindert Datenverlust und schützt die Privatsphäre des Verstorbenen.

Geräte und Datenträger: Daten sichern und schützen

Smartphones, Computer und externe Festplatten enthalten zentrale Erinnerungen und Dokumente. Erben sollten Geräte sofort sichern und mit bekannten PINs oder Passwörtern entsperren. Erst wenn alle Daten kopiert sind, dürfen Geräte gelöscht, verkauft oder weitergegeben werden. So bleibt der digitale Nachlass vollständig erhalten.

  • Geräte sichern: Alle Endgeräte einsammeln und unbefugten Zugriff verhindern.
  • Daten auslesen: Bekannte Passwörter oder professionelle Datenrettung nutzen.
  • Backups: Fotos und Dokumente extern speichern und archivieren.

Online-Verträge und Abos kündigen

Digitale Abonnements laufen nach dem Tod automatisch weiter. Erben müssen daher Streaming-Dienste, Cloud-Speicher, App-Store-Abos oder Bezahlkonten aktiv kündigen. In den meisten Fällen verlangen Anbieter Sterbeurkunde und Erbschein. Ohne Kündigung entstehen unnötige Kosten und offene Forderungen.

  • Streaming: Netflix, Spotify oder Sky über Support beenden.
  • Cloud/Software: iCloud, Dropbox oder Microsoft 365 rechtzeitig kündigen.
  • Bezahlkonten: PayPal schließen; Guthabenübertrag nur mit Erbschein.

Digitale Nachlassdienste – wann lohnen sie sich?

Spezialisierte Anbieter helfen, Online-Konten zu erfassen oder automatisch zu kündigen. Sie sind nützlich, wenn Erben keinen Überblick haben oder technische Hürden bestehen. Allerdings verursachen sie laufende Kosten und bergen Datenschutzrisiken. Der digitale Nachlass lässt sich oft auch mit guter Vorsorge ohne externe Hilfe regeln.

Dienstleister Leistung Kostenrahmen
Memoresa Erfassung von Konten, Kündigungshilfe ca. 30 € pro Jahr
Columba Automatisierte Abmeldungen bei Diensten Einmalgebühr oder Abo
Exmedio Nachlassorganisation & digitale Archivierung 20–50 € jährlich

Icon FAQs

Häufig gestellte Fragen

Wie stellen Sie sicher, dass Erben Zugriff auf den digitalen Nachlass behalten, ohne Passwörter ins Testament zu schreiben?

Kurz: Hinterlegen Sie Zugangsdaten nicht im Testament, sondern nutzen Sie sichere Alternativen mit Notfallzugriff. Praktisch bewährt sind Passwortmanager mit definiertem Notfallkontakt, ein verschlüsselter Datentresor im Bankschließfach oder ein beim Notar hinterlegtes, versiegeltes Dokument. Notieren Sie in Ihrem Testament nur, wo diese Zugänge gespeichert sind und wer Zugriff erhalten soll, ohne die Passwörter selbst zu nennen. Aktualisieren Sie die Zugangsübersicht regelmäßig und dokumentieren Sie das Datum der letzten Pflege, damit Erben wissen, dass die Informationen noch aktuell sind.

Muss ich Passwörter im Testament nennen, damit das digitale Erbe erreichbar ist?

Nein, Passwörter gehören nicht ins Testament, weil dieses vielfach vervielfältigt wird und dadurch Missbrauch droht. Stattdessen benennen Sie den Speicherort der Zugangsdaten oder eine Person mit Vollmacht sowie einen Testamentsvollstrecker für den Digitalen Nachlass. Nutzen Sie technische Lösungen wie Passwortmanager mit Notfallzugang oder ein verschlüsseltes Medium im Schließfach und vermerken Sie dessen Lage im Testament. Für besonders kritische Fälle wie Kryptowährungen ist es zusätzlich sinnvoll, separate, sichere Instruktionen zur Seed-Verwahrung zu hinterlegen.

Kann ein einzelner digitaler Nachlassverwalter in einer Erbengemeinschaft verbindlich über das digitale Erbe entscheiden?

Ja, ein einzelner Nachlassverwalter kann verbindlich handeln, wenn er rechtsgültig bestellt wurde, etwa als Testamentsvollstrecker oder durch eine schriftliche Vollmacht. Seine Befugnisse sollten klar im Testament oder in der Vollmacht beschrieben sein und allen Miterben bekannt gemacht werden, um spätere Streitigkeiten in der Erbengemeinschaft zu vermeiden. Grenzen bestehen dort, wo gesetzliche Rechte der Erben betroffen sind oder die Verfügung gegen AGB und Nutzungsrechte von Diensten verstößt. Praktisch hilft es, technische und organisatorische Befugnisse zu dokumentieren und regelmäßige Abstimmungen mit den Miterben vorzusehen.

Was müssen Erben konkret tun, wenn Kryptowährungen zum digitalen Erbe gehören?

Handeln Sie sofort: der Zugang zu Krypto hängt ausschließlich von Private Key oder Seed Phrase ab, und ohne diese sind Werte unwiederbringlich verloren. Suchen Sie nach sicheren Hinweisen (Bankschließfach, verschlüsselte Dateien, Notar) und dokumentieren Sie Fundorte, dann beantragen Sie bei Exchanges frühzeitig Zugriff mit Sterbeurkunde und Erbschein. Verwenden Sie beim Umgang mit Wallets keine unsicheren Kopien und denken Sie über technische Lösungen wie Hardware Wallets oder Multi‑Sig-Konstruktionen nach, wenn Sie die Nachfolge planen. Informieren Sie sich außerdem, ob eine Übertragung auf Erben steuerlich oder vertraglich zu beachten ist.

Lohnt sich ein externer Nachlassdienst für den Digitalen Nachlass oder reichen persönliche Vorsorgemaßnahmen?

Das hängt von Umfang und Technikaffinität ab: Für wenige Konten und technisch versierte Erben reichen persönliche Maßnahmen meist aus. Ein externer Dienst kann sinnvoll sein, wenn Sie sehr viele Online‑Konten haben, wenig Zeit zur Pflege oder Erben ohne technisches Wissen vorfinden, denn er bietet Erfassungs‑ und Kündigungsunterstützung. Achten Sie jedoch auf laufende Kosten und Datenschutzrisiken und behandeln Sie solche Dienste als Ergänzung, nicht als Ersatz für eine eigene, verschlüsselte Zugangsliste und eine klare Vollmachtsregelung. Prüfen Sie vor der Nutzung die Vertragsbedingungen des Dienstleisters und dokumentieren Sie alle Übergaben klar für Ihre Erben.

Icon Quellen

Quellenangaben und weiterführende Literatur

Die Informationen auf dieser Seite sind sorgfältig recherchiert und zusammengetragen. Folgende Quellen und weiterführende Literatur empfehle ich im Kontext Digitaler Nachlass:

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