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Erstveröffentlichung am 30. Januar 2021, zuletzt aktualisiert am 17. August 2024. Autor: Dr. jur. Stephan Seitz

Urteil BGH: Anspruch gegen Erbengemeinschaft auf Erstattung der Erbscheinskosten

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Urteil BGH: Miterbe hat keinen Anspruch gegen Erbengemeinschaft auf Erstattung der Erbscheinskosten wenn dieser nicht zwingend erforderlich war

BGH, Urteil vom 7.10.20 – IV ZR 69/20

Bedeutung des Urteils

Soll ein gemeinschaftlicher Erbschein für die Erbengemeinschaft beantragt werden und will der Antragsteller die (nicht unerheblichen) Kosten für den Erbschein mit den übrigen Miterben teilen, dann muss entweder die Kostenteilung zwischen den Miterben vereinbart sein oder die Beantragung des Erbscheins muss zwingend notwendig gewesen sein. Ansonsten trägt der Antrag stellende Miterbe die Kosten alleine. Es gelten insoweit die Regelungen zur Verwaltung der Erbengemeinschaft.


Dr. Stephan Seitz
Hier schreibt Dr. jur. Stephan Seitz

Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf.
 
Bitte beachten Sie meine rechtlichen Hinweise für diese Webseite. Der Inhalt dient ausschließlich der allgemeinen Information und Bildung sowie zur Unterhaltung. Für eine verbindliche Auskunft wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder vergleichbaren Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet.

Sachverhalt

1. Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagter) auf anteilige Kostenerstattung für die Erteilung eines Erbscheins in Anspruch. Der am 25. Februar 2015 verstorbene Vater der Parteien, der kein Testament hinterlassen hatte, wurde im Wege der gesetzlichen Erbfolge von seiner Ehefrau zu 1/2, den Parteien des Revisionsverfahrens sowie einem weiteren Bruder, dem früheren Beklagten zu 1, zu je 1/6 beerbt. Zum Nachlass gehört auch ein Hausgrundstück in D. Die Klägerin beantragte bei dem zuständigen Nachlassgericht einen gemeinschaftlichen Erbschein, der ihr am 7. Dezember 2015 erteilt wurde. Am 17. Dezember 2015 wurden die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach dem Vater der Parteien als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Das Nachlassgericht stellte der Klägerin für die Erteilung des Erbscheins einen Betrag in Höhe von 1.870 € in Rechnung, den sie beglich. Am 9. Dezember 2018 verstarb die Mutter der Parteien, die aufgrund testamentarischer Erbfolge durch den Beklagten beerbt wurde.

2. Die Klägerin hat den Beklagten und seinen Bruder (den früheren Beklagten zu 1) auf anteilige Erstattung der Kosten für die Erteilung des Erbscheins in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.246,67 € sowie seinen Bruder zur Zahlung von 311,67 € jeweils nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage gegen den Beklagten abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Entscheidung

Die Revision hat keinen Erfolg. Über die Revision der Klägerin ist, obwohl der Beklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht erschienen war, durch streitiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sich die Revision auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (Senatsurteil vom 23. Mai 2012 IV ZR 250/11, ZEV 2012, 478 Rn. 4 m.w.N.).

I. Das Landgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf anteilige Kostenerstattung für die Erteilung des Erbscheins zu. Ein Anspruch aus Gesamtschuldnerausgleich bestehe nicht, da im Verhältnis zur Gerichtskasse keine Gesamtschuld der Parteien bestehe. Ein Anspruch aus § 2038 Abs. 1 BGB scheitere daran, dass die Klägerin keine Einigung der Miterben über die Beantragung eines Erbscheins dargelegt habe. Ein Fall der Notgeschäftsführung sei ebenfalls nicht gegeben. Ein Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 BGB scheide aus, da auch nach dem Vortrag der Klägerin die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft die Beantragung eines Erbscheins nach dem Tod des Vaters abgelehnt hätten. Auch bestehe kein Anspruch der Klägerin aus § 2039 BGB i.V.m. § 683 BGB. Schließlich komme – anders als vom Amtsgericht angenommen – kein Anspruch aus § 684 BGB i.V.m. § 812 BGB in Betracht. Diese Vorschriften könnten nicht als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch herangezogen werden, da der Vorrang des § 2038 BGB einen Ausgleich der Miterben für eigenmächtige Maßnahmen nach allgemeinen Vorschriften ausschließe. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beantragung des Erbscheins unter Umständen ohnehin hätte erfolgen müssen. So stehe nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführe, auch dann kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zu, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2019 V ZR 254/17). Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall übertragbar, da § 2038 Abs. 1 BGB eine ähnliche Regelung wie § 21 Abs. 4 WEG enthalte.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht entschieden, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch aus Gesamtschuldnerausgleich, aus § 2038 Abs. 1 BGB oder aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683 BGB auf Erstattung der anteiligen Kosten für die Beantragung des Erbscheins zusteht.

2. Lediglich im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Klägerin ebenfalls keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Herausgabe der Bereicherung gemäß § 684 Satz 1 BGB i.V.m. § 812 BGB hat.

a) Liegen – wie hier – die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. In der Beantragung des Erbscheins durch die Klägerin für die Erbengemeinschaft liegt ein jedenfalls auch fremdes Geschäft. In diesen Fällen wird regelmäßig ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet (vgl. BGH, Urteile vom 2. November 2006 – III ZR 274/05, NJW 2007, 63 Rn. 15; vom 20. Juni 1963 – VII ZR 263/61, BGHZ 40, 28 juris Rn. 14).

b) Unzutreffend vertritt das Berufungsgericht sodann allerdings die Auffassung, ein Anspruch aus § 684 Satz 1 BGB i.V.m. § 812 BGB komme wegen des Vorrangs des § 2038 BGB nicht in Betracht, weil dieser einen Ausgleich der Miterben für eigenmächtige Maßnahmen nach allgemeinen Vorschriften ausschließe. Eine derartige Sperrwirkung des § 2038 BGB für Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag besteht, worauf die Revision zu Recht hinweist, nicht. § 2038 BGB regelt ausschließlich die Verwaltung des Nachlasses. Diese steht den Erben grundsätzlich gemeinschaftlich zu (§ 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ferner ist jeder Miterbe den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßnahmen kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen (§ 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB). § 2038 Abs. 2 BGB verweist hierzu auf Vorschriften des Gemeinschaftsrechts.

Nicht ausgeschlossen wird von der Regelung über die Verwaltung des Nachlasses in § 2038 BGB ein auf anderen Rechtsgrundlagen beruhender Anspruch eines Miterben gegen die übrigen auf Aufwendungsersatz oder Herausgabe einer Bereicherung. Entsprechend findet nach ständiger Rechtsprechung des Senats und einhelliger Auffassung im Schrifttum das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag neben § 2038 BGB Anwendung (vgl. Senatsurteile vom 25. Juni 2003 – IV ZR 285/02, ZEV 2003, 413 unter 2 b [juris Rn. 12]; vom 20. Mai 1987 – IVa ZR 42/86, NJW 1987, 3001 juris Rn. 7 f.; OLG Düsseldorf ErbR 2014, 497 Rn. 27-29; Soergel/Wolf, BGB 13. Aufl. § 2038 Rn. 30; MünchKommBGB/Gergen, 8. Aufl. § 2038 Rn. 62; Palandt/Weidlich, BGB 79. Aufl. § 2038 Rn. 13; Damrau/Rißmann, Erbrecht 4. Aufl. § 2038 Rn. 64; Brox/Walker, Erbrecht 28. Aufl. § 30 Rn. 11). Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein Miterbe, dem lediglich ein Minderheitsanteil zusteht, ein Geschäft für die Erbengemeinschaft außerhalb seiner Befugnis zur Notverwaltung gemäß § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB durchführt (Senatsurteil vom 25. Juni 2003 aaO).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das auf diese einhellige Ansicht nicht eingegangen ist, ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus der Rechtsprechung des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Wohnungseigentümergemeinschaft. Hiernach steht dem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zu. Das gilt auch dann, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2019 V ZR 254/17, BGHZ 222, 187 Rn. 9-17 unter teilweiser Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. September 2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 12 f.).

Diese Rechtsprechung zielt auf die Besonderheiten einer Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Bestand auf Dauer angelegt ist und bei der für die Frage der Durchführung von Maßnahmen, insbesondere von Instandhaltungs- und Bauarbeiten, verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist von vornherein nicht mit der auf eine Auseinandersetzung gerichteten Erbengemeinschaft zu vergleichen, bei der es im Zuge der Verwaltung und Abwicklung in der Regel lediglich um die Durchführung konkreter einzelner Maßnahmen – wie hier etwa der Beantragung eines Erbscheins geht.
Auch in der Sache wäre eine Verdrängung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag und die ungerechtfertigte Bereicherung durch § 2038 BGB nicht gerechtfertigt. Diese Vorschrift betrifft ausschließlich die Meinungsbildung der Erbengemeinschaft über die Verwaltung des Nachlasses durch einstimmige Entscheidungen, Mehrheitsbeschlüsse oder Notverwaltungsmaßnahmen eines einzelnen Miterben. Nicht vorgegeben wird durch § 2038 BGB demgegenüber, ob einem Miterben, der Maßnahmen auch für die Erbengemeinschaft trifft, ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen oder Herausgabe der bei den anderen Miterben eingetretenen Bereicherung zusteht (vgl. auch Senatsurteil vom 20. Mai 1987 IVa ZR 42/86, NJW 1987, 3001 unter 2 [juris Rn. 8]: „… Das Oberlandesgericht hat es aber unterlassen, zu prüfen, ob dem Kläger ein Anspruch aus § 684 BGB zusteht. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kommt nämlich, wenn die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht erfüllt sind, ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung in Betracht. Einen solchen Ausgleich in den Fällen der vorliegenden Art von vornherein auszuschließen, besteht kein Grund.“).

c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich indessen aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

aa) Soweit die Klägerin den Erbschein zum Zweck der Berichtigung des Grundbuchs beantragt hat, fehlt es schon an einer herauszugebenden Bereicherung des Beklagten. Die Befreiung von einer Verbindlichkeit durch die Übernahme der Kosten für die Beantragung des Erbscheins durch die Klägerin kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese den Erbschein allein beantragt hat und daher ausschließliche Kostenschuldnerin gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG ist (vgl. zur Kostenhaftung des Antragstellers Korintenberg/Wilsch, GNotKG 21. Aufl. § 22 Rn. 2). Zwar können, worauf die Revision zu Recht hinweist, im Rahmen des § 684 Satz 1 BGB auch ersparte Aufwendungen des Geschäftsherrn in Ansatz gebracht werden (vgl. MünchKomm-BGB/Schäfer, 8. Aufl. § 684 Rn. 8; Staudinger/Bergmann, (2015) BGB § 684 Rn. 12). Der Beklagte hat aber durch die Beantragung des Erbscheins seitens der Klägerin keine Aufwendungen erspart, die ihm ohne die Tätigkeit der Klägerin zwingend ebenfalls entstanden wären. Seine Miterbenstellung ergibt sich gemäß § 1922 BGB bereits mit dem Erbfall aus dem Gesetz und setzt nicht konstitutiv die Beantragung eines Erbscheins voraus. Die Erbengemeinschaft ist mit dem Erbfall auch unmittelbar Eigentümerin des Grundstücks in D. geworden. Zwar wurde das Grundbuch hierdurch unrichtig, da in diesem noch der Erblasser als Eigentümer eingetragen war. Insoweit wäre eine Grundbuchberichtigung durchzuführen gewesen, für die gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO grundsätzlich ein Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis erforderlich ist.

Die Klägerin durfte hier aber nicht gegen den erklärten Willen der übrigen Miterben mit Kostenlast für diese einen Erbschein beantragen, um bereits 2015, im Jahr des Erbfalls, eine Grundbuchberichtigung durchzuführen.

Hierzu waren die übrigen Miterben auch nicht aufgrund grundbuchrechtlicher Vorgaben verpflichtet. Ist das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden, so soll das Grundbuchamt gemäß § 82 Satz 1 GBO dem Eigentümer oder dem Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Grundstücks zusteht, die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Das Grundbuchamt soll diese Maßnahme gemäß § 82 Satz 2 GBO zurückstellen, solange berechtigte Gründe vorliegen. Als Zurückstellungsgrund kommt etwa eine beabsichtigte Verfügung über das Grundstück, bei der die Voreintragung nach § 40 GBO entbehrlich ist, z.B. die Veräußerung des Grundstücks an einen Dritten oder im Rahmen der Erbauseinandersetzung an einen Miterben, in Betracht. Zu denken ist ferner an eine beabsichtigte Zwangsversteigerung zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft, die nach § 181 Abs. 2 Satz 1 ZVG ebenfalls ohne vorherige Eintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch möglich ist. Ein Zurückstellungsgrund liegt auch vor, wenn die Beschaffung der zur Berichtigung erforderlichen Unterlagen unverhältnismäßige Schwierigkeiten bereitet (vgl. zu den verschiedenen Fallgruppen Imre in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht 2. Aufl. § 82 GBO Rn. 11-13; BeckOK-GBO/Holzer, § 82 Rn. 19-21 [Stand: 1. Juni 2020]). Ferner ist es nicht geboten, sofort nach Bekanntwerden der Erben ein Verfahren nach § 82 GBO einzuleiten. Vielmehr soll das Grundbuchamt für einen gewissen Zeitraum vom Vorliegen berechtigter Gründe nach § 82 Satz 2 GBO ausgehen, da den Erben zunächst Zeit gegeben werden soll, den Nachlass abzuwickeln und sich darüber klar zu werden, was mit dem Grundstück geschehen soll. Auf dieser Grundlage wird angenommen, es sei in Anbetracht der Parallelregelung in Nr. 14110 Kostenverzeichnis GNotKG, nach der für die Zeit von zwei Jahren ab dem Erbfall keine Gebühren für die Eintragung erhoben werden, nicht gerechtfertigt, vor Ablauf dieser Zeit ein Zwangsberichtigungsverfahren gemäß § 82 GBO einzuleiten (vgl. OLG Hamm ZEV 2010, 596 unter II [juris Rn. 7 f.]; Imre in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht 2. Aufl. § 82 GBO Rn. 15).
Hier hat das Grundbuchamt nach dem Erbfall kein Zwangsberichtigungsverfahren durchgeführt. Vielmehr hat die Klägerin Ende 2015, noch im Jahr des Erbfalles, einen Erbschein beantragt, der dann nach seiner Erteilung zur Eintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch führte. Die Klägerin war indessen auf der Grundlage der obigen Ausführungen nicht berechtigt, auf Kosten der Erbengemeinschaft außerhalb eines vom Grundbuchamt selbst eingeleiteten Zwangsberichtigungsverfahrens und gegen den Willen der Mehrheit der Erbengemeinschaft einen Erbschein zur Grundbuchberichtigung zu beantragen. Sie hat nicht vorgetragen, warum ein derartiger Erbschein einschließlich der nachfolgenden Grundbucheintragung hier noch im Jahre des Erbfalles zugunsten der Erbengemeinschaft zwingend erforderlich gewesen wäre. Durch ihr Vorgehen hat sie die Voraussetzungen eines Verfahrens gemäß § 82 GBO, bei dem die übrigen Miterben gegebenenfalls Zurückstellungsgründe nach § 82 Satz 2 GBO hätten vortragen können, verhindert.

bb) Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, durch den Erbschein werde auch im Übrigen das Tätigwerden der Erbengemeinschaft im Rechtsverkehr wegen der Gutglaubenswirkung des § 2366 BGB erleichtert. Insoweit ist nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin nicht vorgetragen, dass trotz des entgegenstehenden Willens der Mehrheit der Erbengemeinschaft bereits im Jahr 2015 die Erteilung eines Erbscheins zwingend erforderlich gewesen wäre, zumal die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft einschließlich der Erbanteile unstreitig und auch im Rechtsverkehr, etwa gegenüber Kreditinstituten, nicht in jedem Fall ein Erbschein zum Nachweis der Rechtsnachfolge zwingend erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2013 XI ZR 401/12, BGHZ 198, 250 Rn. 30).

3. Entgegen der Auffassung der Revision sind die Kosten der Beantragung eines Erbscheins auch keine Nachlasserbenschulden, für die der gesamte Nachlass haftet. Vielmehr handelt es sich hierbei ausschließlich um Eigenverbindlichkeiten des Erben (vgl. KG, Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts (KGJ) Bd. 34 B Nr. 1; Staudinger/Herzog, §§ 2346-2385 (2016) BGB § 2353 Rn. 593; Soergel/Zimmermann, BGB 13. Aufl. § 2353 Rn. 59; BeckOK-BGB/Siegmann/Höger, BGB § 2353 Rn. 39). Die Erbscheinserteilung erfolgt nur im subjektiven Interesse der Person, die sich für erbberechtigt hält und zu deren Gunsten die beantragte Erbscheinserteilung bewilligt wurde.

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