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Zuletzt aktualisiert am 02. August 2021 von Dr. jur. Stephan Seitz

Urteil VGH Baden-Württemberg: Betreuer muss Bestattungskosten des verstorbenen Betreuten tragen

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Urteil VGH Baden-Württemberg: Betreuer muss nach Kostenübernahmeerklärung Bestattungskosten des verstorbenen Betreuten tragen

VGH Baden-Württemberg, 17.04.2018 – 1 S 419/18


Dr. Stephan Seitz
Hier schreibt Dr. jur. Stephan Seitz

Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf.
 
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Sachverhalt

Der Antragsteller war Betreuer seiner am 27.11.2016 verstorbenen Tante … . Am 28.11.2016 unterzeichnete er bei einem Bestattungsunternehmen einen an die Antragsgegnerin gerichteten Antrag für eine Grabstätte auf einem Friedhof der Antragsgegnerin. Im Antragsformular trug er seinen Namen und seine Adresse ein. Hinter seinem Namen trug er ein: (Betreuer). Bei den beantragten Leistungen kreuzte er an: Verlängerung eines Nutzungsrechts am Wahlgrab auf die Dauer von 15 Jahren. Am selben Tage unterzeichnete der Antragsteller beim Bestattungsunternehmen auf einem Formular der Antragsgegnerin eine „Gebühren- und Kostenübernahmeerklärung im Sinne des § 2 der Friedhofsgebührensatzung der Stadt Ulm vom 17. Dez. 1975 i.d.F. vom 19.7.1995 sowie der einschlägigen Bestimmungen des BGB“. In dem Formular heißt es u.a.: „Erdbestattung der oder des Verstorbenen … wird von mir bestellt. Für die Bezahlung der anfallenden Gebühren und Kosten übernehme ich als Besteller(in) die Haftung als Selbstschuldner(in).“ In dem Feld darunter trug der Antragsteller seinen Namen und seine Anschrift ein.

Die Antragsgegnerin übersandte dem Kläger unter dem 28.12.2016 einen Abgabenbescheid über Bestattungskosten i.H.v. 2206,00 EUR. Mit Schreiben vom 04.01.2017 an die Antragsgegnerin teilte der Antragsteller mit, nach anwaltlicher Beratung habe er erfahren, dass er als Neffe nicht zu dem öffentlich-rechtlichen Personenkreis gehöre, der für eine Bestattung leisten müsse. Die bei der Terminabstimmung im Bestattungshaus unterschriebene selbstschuldnerische Bürgschaft erkläre er für nichtig.

Beim Verwaltungsgericht stellte der Antragsteller einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Mit Beschluss vom 24.01.2018 ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Abgabenbescheid vom 28.12.2016 an, soweit darin eine Verwaltungsgebühr für die Umschreibung des Nutzungsrechts am Wahlgrab in Höhe von 35,00 EUR festgesetzt wird, und lehnte im Übrigen den Antrag ab. Zur Antragsablehnung führt das Verwaltungsgericht u.a. aus, der Antragsteller könne nicht mit Erfolg geltend machen, dass es für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen sei, dass er keine eigene Erklärung habe abgeben wollen, sondern sich als Betreuer der Verstorbenen irrtümlich für verpflichtet gehalten habe, sich um die Bestattung der Betreuten zu kümmern. Ein Anfechtungsgrund sei insofern nicht gegeben. Es liege weder ein Inhaltsirrtum noch ein Erklärungsirrtum vor. Soweit der Antragsteller bei Abgabe seiner Erklärung davon ausgegangen sei, für die Bestattung der Verstorbenen Sorge tragen zu müssen, habe er einem unbeachtlichen Motivirrtum unterlegen, den die Antragsgegnerin nicht herbeigeführt habe. Auch aus den sonstigen Umständen ergebe sich nicht, dass die Erklärungen des Antragstellers nicht im eigenen Namen erfolgen sollten. Die Betreuung habe mit dem Tod der Betreuten geendet. Der Antragsteller habe daher zum Zeitpunkt der Beauftragung der Beerdigung keine Erklärung im Namen der Betreuten mehr abgeben können. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die Erkennbarkeit der beabsichtigten „Stellvertretung“ auf den Zusatz „Betreuer“ in der Formularerklärung vom 28.11.2016 hinweise, verkenne er, dass kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts bestehe, dass ein Betreuer immer im Namen des Betreuten handele. Vielmehr könne der Betreuer bewusst im eigenen Namen Rechtsgeschäfte abschließen, die den Betreuten beträfen. Es obliege ihm klarzustellen, welchen Weg er wähle.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe bei der Abgabe seiner Willenserklärung ganz klar hervorgehoben, dass er hier als Betreuer gehandelt habe, so dass seine Erklärung niemals eine Erklärung im eigenen Namen gewesen sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, für die Antragsgegnerin habe kein Anlass bestanden, aus dem Zusatz „Betreuer“ auf ein Handeln im fremden Namen zu schließen, überdehne in nicht erträglichen Maße das Haftungsrisiko des Betreuerhandelns.

Entscheidung:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), geben dem Senat keinen Anlass, über den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Antragsteller hier nicht erkennbar in fremdem Namen gehandelt hat. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Zum Beschwerdevorbringen ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen: Die Hinzufügung des Zusatzes „(Betreuer)“ hinter den Namen des Antragstellers führt bereits nicht zu einem eindeutigen Handeln in fremdem Namen, da der Zusatz auch allein aus dem Grund erfolgt sein kann, die Beziehung zur Verstorbenen zu kennzeichnen. Zudem ist auch für einen Laien, dem in rechtlicher Hinsicht nicht notwendig bewusst sein muss, dass mit dem Tod des Betreuten die Betreuung und damit die Vertretungsmacht des Betreuers erlischt, unmittelbar einsichtig, dass der Betreute nach seinem Tod durch Handlungen seines Betreuers nicht mehr verpflichtet werden kann und dass ein Handeln für einen anderen allenfalls den Erben des Verstorbenen (oder die Erbengemeinschaft) verpflichten kann. Auch für den ehrenamtlichen Betreuer muss sich daher die Frage stellen, ob er die Rechtsmacht hat, den Erben – der unabhängig von der hier streitigen öffentlich-rechtlichen Kostentragungspflicht bürgerlich-rechtlich nach § 1968 BGB die Kosten der Beerdigung zu tragen hat – durch Erklärungen zur Bestattung vertreten und durch diese Erklärungen verpflichten zu können.

Schließlich hat der Antragsteller durch die Unterzeichnung der Gebühren- und Kostenübernahmeerklärung eindeutig und ohne einen Hinweis auf seine Betreuerstellung erklärt, für die Bezahlung der anfallenden Gebühren und Kosten die Haftung als Selbstschuldner zu übernehmen. Diese Erklärung stellt nicht nur einen eigenen Rechtsgrund für die streitige Forderung dar, sondern spricht auch dafür, bereits den Antrag auf Verlängerung eines Nutzungsrechts am Wahlgrab auf die Dauer von 15 Jahren als Erklärung des Antragstellers im eigenen Namen auszulegen. Zur Anfechtbarkeit dieser Erklärung hat das Verwaltungsgericht zutreffende Ausführungen gemacht, die die Beschwerde bereits nicht angreift.

Bedeutung des Urteils: Das Gericht stellt klar, dass mit dem Tod die Betreuung des Verstorbenen endet und ab dann die erbrechtlichen Regelungen zur Verwaltung des Nachlasses gelten. Insbesondere ist der Betreuer nicht berechtigt für den Nachlass zu handeln.

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