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Zuletzt aktualisiert am 02. August 2021 von Dr. jur. Stephan Seitz

Urteil KG Berlin: Akteneinsicht durch einen selbständigen Erbenermittler

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Urteil KG Berlin: Akteneinsicht durch einen selbständigen Erbenermittler

KG Berlin, Urteil vom 11.06.2019 – 19 W 46/19

Bedeutung des Urteils

Einem selbständigen Erbenermittler, der nicht von einem am Nachlassverfahren Beteiligten beauftragt wurde, steht kein Akteneinsichtsrecht zu, da er weder ein berechtigtes Interesse nach § 13 Abs. 2 S. 1 FamFG noch ein rechtliches Interesse nach § 357 Abs. 1 FamFG besitzt.


Dr. Stephan Seitz
Hier schreibt Dr. jur. Stephan Seitz

Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf.
 
Bitte beachten Sie meine rechtlichen Hinweise für diese Webseite. Der Inhalt dient ausschließlich der allgemeinen Information und Bildung sowie zur Unterhaltung. Für eine verbindliche Auskunft wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder vergleichbaren Experten auf dem jeweiligen Fachgebiet.

Sachverhalt

Ein selbständiger Erbenermittler, also ein Erbenermittler der von der Erbengemeinschaft nicht beauftragt wurde, erhält vom Nachlassgericht keine Akteneinsicht. Hiergegen geht er gerichtlich vor.

Entscheidung

Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 3. hat in der Sache Erfolg.

Den selbstständigen Erbenermittlern steht kein Akteneinsichtsrecht zu, da sie weder ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 FamFG noch ein rechtliches Interesse im Sinne des § 357 Abs. 1 FamFG an der Akteneinsicht haben.

Der Senat folgt insoweit der ganz überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, wonach es das Interesse an der Sammlung von Daten und deren wirtschaftlicher Verwertung nicht rechtfertigt, Einblick in persönliche Verhältnisse zu gewähren, die in einem gerichtlichen Verfahren offenbart werden. Das berufliche Interesse eines Erbenermittlers genügt nur dann, wenn es durch den Auftrag eines Berechtigten – z.B. eines Nachlasspflegers – legitimiert ist (z. B. KG Beschluss vom 18.01.2011 – 1 W 340/10 – juris; OLG Hamm, Beschluss vom 12.08.2010 – I-15 Wx 8/10, 15 Wx 8/10 – juris; Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl. 2019, § 352e Rn. 150; Schlögel, in: BeckOK FamFG, 29. Edition, Stand: 01.01.2019, § 357 Rn. 9 jeweils m.w.N.). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kann eine Akteneinsichtsrecht nicht im Hinblick darauf angenommen werden, dass sich nach öffentlicher Aufforderung gemäß § 352d FamFG in der Praxis häufig nur gewerbliche Erbenermittler melden. Denn nach der gesetzlichen Regelung wird allein auf das Interesse der Person abgestellt, die Akteneinsicht nehmen will. Ein hinreichendes Interesse des Erbenermittlers liegt aber – wie dargestellt – nicht vor. Soweit der 6. Zivilsenat des Kammergerichts in dem Beschluss vom 09.04.2013 – 6 W 196/12 – ausgeführt hat, die Frage, ob einem selbstständigen Erbenermittler ein eigenständiges Akteneinsichtsrecht einzuräumen ist, könne in der dortigen Entscheidung dahingestellt bleiben, folgt daraus nichts anderes. Insbesondere kann diese neutrale Aussage nicht als Hinweis darauf gewertet werden, dass der 6. Zivilsenat der oben wiedergegebenen Rechtsauffassung nicht folgen will.

Dementsprechend ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, den selbstständigen Erbenermittlern kein Akteneinsichtsrecht zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG. Da das Rechtsmittel Erfolg hat, entspricht es der Billigkeit, von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen.

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