Zuletzt aktualisiert am 20. Juni 2022 von Dr. jur. Stephan Seitz
Erbengemeinschaft: 5 Möglichkeiten wenn einer blockiert
Treffen Erben in einer Erbengemeinschaft zusammen, brechen oft bislang verborgene Konflikte aus. Eigentlich wäre es einfach. Ungeachtet der Trauer über den Tod des Erblassers dürften sich die Erben eigentlich freuen, am Nachlass teilzuhaben. Wenn der Nachlass dann im gegenseitigen Einvernehmen auseinandergesetzt wird, sollte jeder Erbe auf seine Kosten kommen. Doch nicht immer bringen Erben die dafür notwendige Kompromissfähigkeit mit. Blockiert einer der Miterben die Auseinandersetzung des Nachlasses, muss die Erbengemeinschaft Wege finden, den Nachlass abzuwickeln. Hierfür bestehen eine Reihe von Optionen.
Inhaltsverzeichnis: Darum geht es auf dieser Seite
- Warum ist es ein Problem, wenn ein Miterbe blockiert?
- Was tun, wenn ein Miterbe in der Erbengemeinschaft blockiert?
- Wie lässt sich der „Gordische Knoten“ lösen?
- Abwicklung des Nachlasses durch Teilauseinandersetzungen
- Verkauf oder Kauf des Erbanteils des Miterben
- Auseinandersetzung durch Abschichtungsvereinbarung
- Auseinandersetzung im Wege des Vermittlungsverfahrens
- Auseinandersetzung im Wege der Teilungsklage
- Fazit
Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf. Mehr zu meiner Person.
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Warum ist es ein Problem, wenn ein Miterbe blockiert?
Erbengemeinschaften entstehen, weil der Erblasser mehrere Erben hinterlässt. Als Erbe werden Sie also zwangsläufig und ohne Ihr Zutun Miterbe in der Erbengemeinschaft. Da eine solche Zwangsgemeinschaft kaum Gemeinsamkeiten und aus vielerlei Gründen keine Zukunft hat, muss die Gemeinschaft auseinandergesetzt und damit abgewickelt werden. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hat den Zweck, dass der Nachlass nach Zahlung aller Nachlassverbindlichkeiten unter den Miterben entsprechend der Erbquote aufgeteilt wird. Idealerweise erfolgt die Auseinandersetzung im gegenseitigen Einvernehmen aller Miterben. Fehlt es am gegenseitigen Einvernehmen, weil ein Miterbe sich widerspenstig zeigt und die Auseinandersetzung blockiert, hat die Erbengemeinschaft ein echtes Problem.
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Das Problem entsteht dadurch, dass die Miterben in der Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich handeln können. Erbengemeinschaften sind sogenannte Gesamthandsgemeinschaften. Jeder Miterbe hat einen Bruchteil am gesamten Nachlass. Alles gehört allen gemeinsam „zur gesamten Hand“. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass die Miterben nur gemeinsam über Nachlassgegenstände verfügen können. Der einzelne Miterbe hat kein Recht, einen einzelnen Nachlassgegenstand für sich zu beanspruchen oder darüber irgendwelche Verfügungen zu treffen. Soweit einzelne Miterben spezielle Vorstellungen über die Auseinandersetzung des Nachlasses haben, haben auch Miterben mit relativ kleinen Erbquoten eine Blockademöglichkeit und damit das Potenzial, die Erbengemeinschaft in ihrem Sinne zu steuern oder gar schlichtweg zu erpressen.
- Mehr zum Thema Nachlassverwaltung in der Erbengemeinschaft
Was tun, wenn ein Miterbe in der Erbengemeinschaft blockiert?
Finden Sie sich als Miterbe in einer Erbengemeinschaft wieder, treffen wahrscheinlich unterschiedliche Mentalitäten und Interessen aufeinander. Im Idealfall regeln die Mitglieder der Erbengemeinschaft die Auseinandersetzung des Erblassers vertraglich nach ihren Wünschen und nehmen dabei die gebotene Rücksicht auf die Interessen und Mentalitäten der Miterben. Ungeachtet dessen, wer Recht hat oder wer vermeintlich wirtschaftlich zweckmäßig denkt, sollte strategisches Denken und Handeln die Devise sein. Stellen Sie sich folgende Fragen:
- Ist der Bestand des Nachlasses geklärt? Vermeiden Sie, dass Sie über die Existenz von Nachlasswerten spekulieren (z.B. Guthaben auf dem Konto), Verkehrswerte unrealistisch hoch einsetzen (z.B. Verkehrswert einer Immobilie) oder völlig kompromisslos Nachlassgegenstände ausschließlich für sich selbst beanspruchen.
- Gibt es gute Gründe, dass Sie unbedingt bestimmte Nachlassgegenstände für sich haben oder nutzen wollen?
- Möchten Sie den Nachlass optimal wirtschaftlich verwerten?
- Sind Sie auf eine schnelle Liquidität angewiesen?
- Sind Sie bereit, sich mit Ihren Miterben zu streiten und sich auf eine möglicherweise langwierige und kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzung einzulassen?
- Geht Ihr Interesse dahin, den familiären Frieden möglichst zu wahren und sind Sie bereit, im Interesse des Familienfriedens auch weitgehende Kompromisse einzugehen?
- Fragen Sie sich, welche Interessen und Ziele die anderen Miterben haben.
- In welcher wirtschaftlichen Situation befinden sich die Miterben? Je nachdem, ergeben sich daraus Strategien, wie Sie die Verhandlungen führen und Ihre Ziele definieren.
- Was genau könnte der Grund sein, warum ein Miterbe die Außenumsetzung blockiert?
- Inwieweit könnte der Grund, der die Blockade ausmacht, aus dem Weg geräumt werden?
Wie lässt sich der „Gordische Knoten“ lösen?
Finden Sie keinen Weg, den widerspenstigen Erben zur Aufgabe seiner Blockadehaltung zu veranlassen, sollten Sie andere Wege ins Auge fassen.
Abwicklung des Nachlasses durch Teilauseinandersetzungen
Vielfach wird es schwierig sein, den Nachlass insgesamt abzuwickeln. In der Praxis kommt es regelmäßig zu Teilauseinandersetzungen, auch Erbteilung bezeichnet. Dann wird nach und nach über das Schicksal einzelner Nachlasswerte entschieden. So wird das Bargeld schnell verteilt oder bestimmten Erben einzelne Haushaltsgegenstände zugewiesen.
Der Anbieter ErbTeilung GmbH* beispielsweise bietet diese Leistung an, hier kommen laut Anbieter nur im Erfolgsfalle Kosten auf Sie zu. ErbTeilung übernimmt die Kosten für Anwälte, Gerichte und Gutachten – und ist dafür im Gegenzug am Erlös beteiligt.
Geht es um das Schicksal einer Immobilie, steht die Teilungsversteigerung im Raum. Teilungsversteigerungsverfahren sind relativ komplexe Verfahren und führen erfahrungsgemäß dazu, dass Immobilien weit unter dem eigenen Verkehrswert öffentlich versteigert werden. Ein Vorteil kann aber darin bestehen, dass ein Miterbe im Versteigerungsverfahren als Bietinteressent auftritt und die Immobilie selbst ersteigert. Teils wird eine solche Teilungsversteigerung auch als Druckmittel verwendet oder gar missbraucht, um einen Konflikt in der Erbengemeinschaft strategisch und taktisch zu beeinflussen.
Verkauf oder Kauf des Erbanteils des Miterben
Jeder Miterbe hat das Recht, seinen Anteil am Nachlass insgesamt zu verkaufen (§ 2033 BGB). Zugleich hat jeder andere Miterbe das Recht, den Erbteil des anderen anzukaufen. Die Miterben haben ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Genauso gut kann an einen fremden Dritten verkauft werden. Auch in diesem Fall haben die übrigen Miterben ein Vorkaufsrecht und können das Recht zu den Bedingungen ausüben, die im Kaufvertrag mit dem Dritten vereinbart wurden. Jeder Erbteilkaufvertrag muss notariell beurkundet werden.
Der Verkauf des Erbteils hat den Vorteil, dass der widerspenstige Erbe aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, schnell Liquidität erhält und eventuelle Vorbehalte und persönliche Animositäten bei der Auseinandersetzung des Nachlasses keine Rolle mehr spielen. Im Idealfall bestimmen dann Objektivität und Sachlichkeit die Auseinandersetzung. Möchten Sie vermeiden, dass ein fremder Dritter im Wege des Erbteilkaufs in die Erbengemeinschaft eintritt, sollten Sie darauf hinwirken, dass ein anderer Miterbe oder Sie selbst den Erbteil kauft.
- Ihren Erbanteil können Sie jederzeit und völlig unangekündigt verkaufen; Sie müssen keine Erlaubnis der Miterben einholen
- Sie verlassen mit dem Verkauf die Erbengemeinschaft und bekommen den Verkaufserlös auf Ihr Konto
- Schnelle Hilfe: Wenige Unterlagen genügen und Sie erhalten innerhalb von 48 Stunden eine Rückmeldung - unter Umständen sogar mit direktem Verkaufsangebot für Ihren Erbteil
- Kostenfrei und 100%
unverbindlich
Auseinandersetzung durch Abschichtungsvereinbarung
Als Alternative zum Verkauf des Erbteils kann vereinbart werden, dass ein Erbe durch bloße Vereinbarung mit den übrigen Miterben aus der Erbengemeinschaft gegen Zahlung einer Abfindung ausscheidet. Dabei überträgt der ausscheidende Miterbe seine Rechte nicht auf einen bestimmten Rechtsnachfolger, sondern er verzichtet gegen Zahlung einer Abfindung lediglich auf seine Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft, insbesondere auf das Auseinandersetzungsguthaben.
Eine solche Vereinbarung ist formfrei möglich. Die Abschichtungsvereinbarung muss nur dann notariell beurkundet werden, wenn die Abfindung darin besteht, dass eine Immobilie oder Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden.
Allerdings hat der Miterbe keinen Anspruch darauf, auf diesem Wege von den übrigen Miterben ausgezahlt und aus der Erbengemeinschaft entlassen zu werden. Ist kein Miterbe bereit, den widerspenstigen Miterben auszuzahlen, ändert sich am Bestand der Erbengemeinschaft nichts.
Auseinandersetzung im Wege des Vermittlungsverfahrens
Als Miterbe können Sie einen Notar beauftragen, die Auseinandersetzung des Nachlasses zwischen den Miterben zu vermitteln (§ 363 FamFG). Der Notar lädt dann alle Miterben seinen Verhandlungstermin.
Das Vermittlungsverfahren kommt in Betracht, wenn es um die Verteilung des Nachlasses geht und ansonsten keine rechtlichen Probleme zwischen den Erben im Raum stehen. Geht es hingegen darum, dass ein Miterbe das Testament für fehlerhaft beurteilt, ist der Notar nicht die richtige Adresse zur Lösung des Problems.
Der Notar darf aber nur vermitteln, er kann nichts entscheiden. Er kann allenfalls Auseinandersetzungsvorschläge machen. Der erfolgreiche Abschluss der Vermittlung hängt maßgeblich auch vom Verhandlungsgeschick des Notars ab.
Widerspricht der widerspenstige Miterbe ausdrücklich der Vermittlung, ist das Vermittlungsverfahren gescheitert. Lassen sich alle Miterben auf die Vermittlung ein, wird der Notar das Ergebnis beurkunden. Erscheint ein Miterbe nicht zum Verhandlungstermin, kann der Notar gegen ihn ein Versäumnisverfahren einleiten. Gibt nämlich der ausgebliebene Miterbe auf die Benachrichtigung hin innerhalb der Frist keine Erklärung ab, indem er beispielsweise einen neuen Termin beantragt, wird sein Einverständnis zu der Auseinandersetzungsvereinbarung fingiert. Der Notar bestätigt daraufhin die Vereinbarung. Der säumige Miterbe wird so behandelt, als habe er der Vereinbarung zugestimmt.
Neben dem Notar kann auch ein Mediator vermittelnd unterstützen und die Erbengemeinschaft friedlich auseinander setzen, sog. Erbmediation.
Auseinandersetzung im Wege der Teilungsklage
Möchten Sie die Initiative ergreifen und die Erbengemeinschaft auseinandersetzen, können Sie einen Teilungsplan erstellen. Um die Auseinandersetzung dann zu realisieren, müssen Sie die Zustimmung der Miterben notfalls vor dem Nachlassgericht einklagen. Ein solcher Teilungsplan erweist sich in der Praxis als oft schwierig, wenn erhebliche Nachlassschulden zu befriedigen sind und deshalb ein Teil des Nachlasses verwertet werden muss. Eine solche Auseinandersetzungsklage birgt für denjenigen, der das Gerichtsverfahren betreibt und die gesamte Abwicklung rechtlich unangreifbar vorschlagen muss, ein erhebliches Risiko. Hinzu kommt, dass dem Nachlassgericht jeder gestaltende Eingriff in den Abwicklungsplan verwehrt bleibt. Das Gericht kann nur über den Antrag entscheiden.
Fazit
Konflikte in Erbengemeinschaften haben oft rein emotionale Hintergründe. Dabei geht es weniger um sachliche Gründe als vielmehr darum, den anderen nichts zu gönnen oder zu glauben, man komme selbst zu kurz. Fällt es Ihnen als Miterbe schwer, die Auseinandersetzung zu begleiten, sollten Sie sich frühzeitig informieren, beraten und im Konfliktfall auch vertreten lassen.
Eine große Hilfe um einen Einblick in die Materie zu erhalten und Entscheidungen treffen zu können!
Vielen Dank!
Am Anfang wurde besprochen das Haus mit Grundstück an Nachbarn zu verkaufen und ein Miterbe bleibt im Haus zur Miete. Kaufvertrag beim Notar festgemacht, zwei Tage vor Unterzeichnung blockiert ein Miterbe. Dieser Miterbe steht im Schuldnerverzeichnis, also ist zahlungsunfähig. Leider habe ich seinen Erbanteil 1/6 an Rechnungen bezahlt. Möchte jetzt auch keine weiteren Kosten für ihn übernehmen. Kann ich ihn zur Zustimmung zwingen?
Liebe Ramona, in der Praxis ist das häufig schwierig. Es kommt auch darauf an wie viel noch in der Ergengemeinschaft unverteilt ist. Bleibt nur das Haus übrig, dann könnte es Chancen geben. Sie könnten überlegen ob Sie in den Erbteil des Miterben vollstrecken. Aber auch das ist nicht ganz einfach und erfordert m.E. anwaltliche Begleitung.