Zuletzt aktualisiert am 16. August 2021 von Dr. jur. Stephan Seitz
Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten: darum macht es Sinn!
Inhaltsverzeichnis: Darum geht es auf dieser Seite
Mein Name ist Stephan Seitz, ich bin Jurist und war vor wenigen Jahren selbst Teil einer Erbengemeinschaft. Dabei wurde mir klar: Miterben wollen keinen Streit, sondern eine Lösung. Alles was Sie dafür wissen müssen, schreibe ich hier auf. Mehr zu meiner Person.
Bitte beachten Sie meine rechtlichen Hinweise für diese Webseite.
Was bedeutet Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten?
Treffen Sie für den Fall Ihres Ablebens keinerlei Vorsorge, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Ihre Angehörigen bilden dann eine Erbengemeinschaft und teilen den Nachlass unter sich auf. Können sich die Erben nicht verständigen, was mit Ihrer Immobilie geschehen soll, muss die Immobilie meist verkauft oder im ungünstigsten Fall sogar teilungsversteigert werden.
Sie können natürlich vorsorglich ein Testament verfassen und darin bestimmen, dass die Immobilie einem bestimmten Erben zufallen soll und alles Weitere Ihren Erben überlassen. Möchten Sie jedoch Ihre Lebenssituation berücksichtigen, kann sich die Übertragung zu Lebenszeiten empfehlen. Sie übertragen dann Ihre Immobilie zu Lebzeiten an einen Erben als Schenkung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Wichtig ist, dass Sie die Schenkung notariell beurkunden und den Eigentumsübergang im Grundbuch eintragen lassen. Im Schenkungsvertrag sollten Sie jede Absprache, die Sie mit dem Angehörigen im Hinblick auf die Übertragung der Immobilie treffen, dokumentieren. Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Absprachen.
Was spricht für eine vorzeitige Übertragung, was dagegen?
Es gibt eine ganze Reihe von Aspekten, die für oder gegen eine vorzeitige Übertragung sprechen. Was dafür oder dagegen spricht, hängt von Ihrer Lebenssituation und Ihren Vorstellungen ab, wie Sie Ihren Lebensabend verbringen und absichern möchten.
In Betracht kommen:
- Sie möchten die beim Erbfall möglicherweise anfallenden Erbschaftsteuern vermeiden und sich die Freibeträge des Schenkungs- und Erbschaftssteuerrechts zunutze machen.
- Sie möchten Ihre Immobilie im Familienbesitz erhalten.
- Sie möchten nicht länger in der für Sie zu groß gewordenen Immobilie alleine wohnen und Ihr Kind motivieren, bei Ihnen einzuziehen.
- Sie möchten Ihre Wohnsituation im Hinblick auf Ihre eventuell eintretende Krankheits- oder Pflegefallbedürftigkeit durch die Unterstützung Ihrer Kinder absichern.
- Sie möchten Streitigkeiten in der entstehenden Erbengemeinschaft vermeiden.
- Ist die Familie zerrüttet und möchten Sie, dass ein anderer gesetzlicher Erbe leer ausgeht, entfällt dessen Pflichtteil, wenn zwischen Schenkung und Todesfall mehr als zehn Jahre liegen. Ist der Zeitraum kürzer, richtet sich der Pflichtteilsanspruch nicht mehr nach dem Gesamtwert der Immobilie, sondern wird anteilig bemessen.
- Ihren Erbanteil können Sie jederzeit und völlig unangekündigt verkaufen; Sie müssen keine Erlaubnis der Miterben einholen
- Sie verlassen mit dem Verkauf die Erbengemeinschaft und bekommen den Verkaufserlös auf Ihr Konto
- Schnelle Hilfe: Wenige Unterlagen genügen und Sie erhalten innerhalb von 48 Stunden eine Rückmeldung - unter Umständen sogar mit direktem Verkaufsangebot für Ihren Erbteil
- Kostenfrei und 100%
unverbindlich
Welche Freibeträge und Fristen bestehen bei Schenkungen?
Wie der Ratgeber „Immobilien übertragen und vererben“ des Fachportals Kreditvergleich.net aufführt, ist es unter anderem wichtig sich vorab über die Freibeträge und Fristen für Schenkungen zu informieren. Übertragen Sie Ihre Immobilie schenkungsweise an Ihr Kind, profitiert das Kind von einem Freibetrag in Höhe von 400.000 €. Für Enkelkinder beträgt der Freibetrag 200.000 €. Erst wenn der Verkehrswert der Immobilie den Freibetrag übersteigt, fällt bei der schenkungsweise Übertragung Schenkungssteuer und im Erbfall Erbschaftssteuer an. Wenn Sie langfristig denken, profitieren Sie davon, dass die Freibeträge nach Ablauf von zehn Jahren erneut nutzbar sind. Sie können Ihre Immobilie auch in Etappen weitergeben. Wenn Sie Sie die Immobilie scheibchenweise alle zehn Jahre übertragen, nutzen Sie jedes Mal den Freibetrag.
Sie sollten auch wissen, dass der Freibetrag für jeden Elternteil anwendbar ist, so dass jeder Elternteil seinen Miteigentumsanteil an der Immobilie bis zur Höhe des jeweiligen Freibetrages steuerfrei übertragen kann. Dies bedeutet, dass Kinder von ihren Eltern insgesamt alle zehn Jahre bis zu 800.000 € schenkungssteuerfrei erhalten können.
Wie sichere ich mich bei der Schenkung ab?
Vor allem, wenn Sie in der Immobilie Ihren Lebensabend verbringen möchten, sollten Sie sich absichern. Auch hier besteht eine Reihe von Möglichkeiten.
- So könnten Sie die Übertragung an die Bedingung knüpfen, dass die Immobilie wieder an Sie zurückfällt, sollte sich Ihr Kind überschulden und Gläubiger drohen, die Immobilie zwangsweise zu verwerten. Allein die Vereinbarung, dass das Kind das Haus nicht verkaufen darf, schützt Sie nicht vor dem Zugriff durch Gläubiger.
- Damit Sie in die Immobilie weiter wohnen können, können Sie für sich selbst und den überlebenden Ehepartner ein lebenslanges Wohnrecht vereinbaren und sich das Recht im Grundbuch eintragen lassen. Beim Wohnrecht können Sie klar regeln, welche Räume Sie weiterhin nutzen und welche Räume Ihr eventuell in die Immobilie einziehendes Kind nutzt. Wichtig wäre, dass das Wohnrecht im Grundbuch stets an der ersten Rangstelle steht und ein eventuell aufzunehmendes Darlehen durch Ihr Kind möglichst an nachrangiger Stelle eingetragen wird. Das Wohnrecht wirkt sich steuermindernd beim Wert der Schenkung aus und wird nach der ortsüblichen Jahresmiete und Ihrem Lebensalter bewertet.
- Wohnen Sie in einem Mehrfamilienhaus oder hat Ihre Immobilie eine Einliegerwohnung, können Sie für die nicht selbst genutzte Wohnung ein Nießbrauchrecht vereinbaren. Sie haben damit das Recht, die Wohnung an Dritte zu vermieten und die Mieten zu vereinnahmen. Sollten Sie später altersbedingt ins Pflegeheim umziehen, sind Sie finanziell zusätzlich abgesichert. Als Nießbraucher bleiben Sie allerdings für den laufenden Unterhalt der Immobilie verantwortlich. Werden Sie später zum Pflegefall, zählen die Mieteinnahmen allerdings als Einkommen, von denen Sie die Kosten für Heim und Pflege bezahlen müssen.
- Sie können mit dem Angehörigen vereinbaren, dass Sie im Alter in Ihrem Haus gepflegt werden und Sie nur in unabdingbaren Situationen in ein Pflegeheim umziehen müssen.
Wie vermeide ich Streit in der Erbengemeinschaft?
Übertragen Sie Ihre Immobilie an einen Angehörigen, sollten Sie dafür Sorge tragen, dass auch die übrigen Erben berücksichtigt werden. So kommt die Vereinbarung in Betracht, dass die Übertragung der Immobilie auf das spätere Erbe des Angehörigen und dessen Pflichtteil angerechnet werden muss. Sie können den Angehörigen, dem Sie die Immobilie vorzeitig übertragen, auch verpflichten, den anderen Erben eine Abfindung zu zahlen und damit klare Verhältnisse zu schaffen. Um die Übertragung der Immobilie zusätzlich abzusichern, können Sie mit den übrigen Erben einen Pflichtteilsverzicht im Hinblick auf das Haus und Grundstück vereinbaren. Sie vermeiden damit, dass der Angehörige das Haus verkaufen muss, um nach Ihrem Ableben die Ansprüche der übrigen Erben erfüllen zu können.
Alles in allem: Das Erbrecht ist komplex. Es ist aber auch nur so komplex, wie es die Lebensverhältnisse bedingen. Sie sollten sich unbedingt juristisch beraten lassen und alle in Betracht kommenden Aspekte gegeneinander abwägen.
Danke, sehr verständlich geschrieben. Ich werde aber auf jeden Fall zunächst einen Anwalt konsultieren. Alles andere muss dann wahrscheinlich ein Notar regeln.
Bei mir liegt der Fall jedoch anders. Ich möchte meine schuldenfreie EW meiner Freundin vererben, möchte aber noch zu meinen Lebzeiten einen Betrag von ihr bekommen. Wenn meine Wohnung z.B. € 600.000,00 wert ist, möchte ich vorab z.B. € 250.000,00 von ihr bekommen.
Wir wollen uns gegenseitig als Erben einsetzen, falls sie vor mir sterben sollte. Ist so etwas möglich?
Danke für eine kurze Info.
Mit freundlichen Grüßen
Gertrud Kirmeyer
Könnten Sie mir einen sehr erfahrenen Anwalt in München nennen?
Das ist natürlich möglich. Sie sollten hier aber auch steuerliche Aspekte berücksichtigen. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keine Anwälte empfehle. Alles Gute!
Meine Mutter hat Ihre Immobilie schon zu Lebzeiten mit Nießbrauch überschrieben. Im Überlassungsvertrag hat man festgelegt dass, wenn der Erwerber vor dem Veräußerer vor versterben sollte meine Mutter das Recht hat den übertragenen Grundbesitz unentgeltlich wieder zurück verlangen kann. Wir wissen jetzt nur nicht wie diese Prozedur in Gang gesetzt werden kann. Muss man mit der Überlassungsvertrag zum Nachlassgericht um die Ansprüche meiner Mutter geltend zu machen oder zum Notar oder zum Anwalt?
Lieber Adam, am Besten wenden Sie sich mit Ihrem Anliegen an einen Notar. Viele Grüße, Stephan Seitz
Sehr geehrter Herr Dr. Seitz,
ist es nicht aber so, dass die 10 Jahresfrist nicht zu laufen beginnt, wenn die Eltern weiterhin die ganze Immobilie selbst nutzen?
Wie meine Sie das? Die 10-Jahresfrist betrifft den steuerlichen Freibetrag. Mir ist da nichts abweichendes bekannt.
Sehr geehrter Herr Dr. Seitz,
ich möchte an diese Frage eine Erweiterung anschließen. Würden Sie darauf eingehen?
Viele Grüße
F. Raschel
Bitte gerne. Aber ich kann nicht direkt in Bezug auf ihren Fall antworten, sondern nur allgemein.
Sehr geehrter Herr Seitz,
meine Schwiegermutter möchte, dass wir ihr Wohnhaus (ein Zweifamilienhaus) im Zuge einer Schenkung zur vorgezogenen Erbfolge übernehmen. Grund ist, dass sie die Verwaltung des Hauses nicht mehr schafft. Es sollen kein Wohnrecht oder Nießbrauch vereinbart werden, sondern eine monatliche Leibrente gezahlt werden, weil meine Schwiegermutter inzwischen im Pflegeheim lebt. Eine Anrechnung mit anderen Erben, in unserem Fall meinem Schwager, ist nicht geplant, da ihm der Betrieb übertragen werden soll. Beide Immobilien sind in etwa gleich viel wert.
Leider hat sich inzwischen heraus gestellt, dass das Zweifamilienhaus einen beträchtlichen Sanierungsstau aufweist. Wir tragen uns deshalb mit dem Gedanken, das Haus nach der Schenkung zu verkaufen.
Geht das und was muss dabei beachtet werden? Mir geht es nicht um irgendwelche Steuern, die eventuell bezahlt werden müssen, sondern um den juristischen Aspekt. Wohnrecht und Nießbrauch werden ja im Grundbuch eingetragen, wie sieht das mit dem Leibrentenanspruch aus?
Danke und viele Grüße
Liebe Carla, das kann immer nur im konkreten Einzelfall sinnvoll beleuchtet werden. Gerne können Sie sich eine kostenlose Erstberatung von einem Anwalt für Erbrecht einholen. Viele Grüße, Stephan Seitz
Sehr geehrter Dr. Seitz, zu Lebzeiten meines Vaters hat er mit meiner Mutter notariell ein Testament aufgesetzt, welches die Erbfolge regeln soll und wo meine Stiefgeschwister ausgeschlossen wurden. Meine Mutter ist leider verstorben und nun ist auch mein Vater verstorben und wir haben ein neues Testament gefunden, wo nun doch alle Kinder als Erben eingesetzt sind. Kann man mehrere Testamente machen und welches ist rechtskräftig?
Guten Tag, grundsätzlich kann man durch Verfassen eines neuen Testaments ein altes widerrufen. In ihrem Fall könnte ein Ehegattentestament vorliegen, das nach dem Tod des ersten Ehegatten nicht mehr geändert werden kann. Das müsste man sich im Einzelfall ansehen und dabei auch die Formulierungen lesen.
Hallo,
meine Eltern haben sich 1997 scheiden lassen, mein Vater hat nur mich und meine Schwester als Kinder. Jetzt liegt er im Sterben, das Haus in dem er wohnt, hat er letztes Jahr im Juni auf seine neue Frau umgeschrieben, mit Grundbucheintrag. Haben wir als Kinder da noch Anspruch oder eher nicht?
Es gibt keinen Kaufvertrag oder sonst was, ich hab nur die Urkunde vom Notar gesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Gunnar Lindgreen
Lieber Herr Lindgreen, das lässt sich so nicht beantworten. Aber es könnte ein Pflichtteilsergänzungsanspruch für Sie und ihre Schwester in Betracht kommen. Viele Grüße, Stephan Seitz
Sehr geehrter Herr Dr. Seitz,
meine Eltern wollen ihr Haus auf meine Nichte überschreiben. Welche Auswirkungen hat das auf mein Erbe und kann ich etwas dagegen tun? Gilt hier die 10-Jahre Frist?
Lieber Herr Schulz, schauen Sie bitte hier. Dort habe ich den Fall von Schenkungen zu Lebzeiten beschrieben. Viele Grüße, Stephan Seitz